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Deklaratorisch und konstitutiv - der Unterschied fachmännisch erklärt

Deklaratorisch und konstitutiv - der Unterschied fachmännisch erklärt1:45
Video von Jule Jansson 1:45

Das Wort “konstitutiv” kommt in den verschiedensten Themen- und Fachbereichen vor. In der Mathematik redet man von konstitutiven Gleichungen, in der Betriebswirtschaftslehre von konstitutiven Entscheidungen und in der Werkstoffkunde beschreibt es ein Materialmodell. Im Recht redet man von der “Konstitutivwirkung”.

Was bedeutet konstitutiv im Recht?

Das Wort “konstitutiv” kommt vom lateinischen “constitutus”, was so viel bedeutet wie “grundlegend”, “tragend” oder “begründend”. Zusammen mit “wesentlich”, “elementar” oder “fundamental” können diese Übersetzungen auch als Synonym für “konstitutiv” verwendet werden.

Ganz allgemein beschreibt es eine Voraussetzung, die für ein bestimmtes Ergebnis von fundamentaler Bedeutung ist. In juristischen Kreisen spricht man von einer Konstitutivwirkung, wenn aufgrund einer bestimmten Handlung eine neue Rechtswirkung herbeigeführt wird, die vorher so nicht existierte. Sie begründet also ein Recht bzw. ein Rechtsverhältnis.

Konstitutive Wirkungen können aber auch ein vorher geltendes Rechtsverhältnis aufheben. Das ist beispielsweise bei einer Ehescheidung der Fall. Auch diese wird erst durch ein Urteil rechtskräftig, auch wenn beide Partner schon lange vorher nicht mehr zusammen gewohnt haben.

Weitere Beispiele sind die Verleihung einer Staatsbürgerschaft oder die Eintragung eines Vereins in das Vereinsregister, da dieser erst dadurch rechtsfähig wird.

Was bedeutet deklaratorisch?

Das Gegenteil von “konstitutiv” ist “deklaratorisch”.

Das Wort “deklaratorisch” stammt vom lateinischen “declarare”. Wörtlich übersetzt bedeutet das “deutlich bezeichnen”. Im juristischen Sprachgebrauch bedeutet es, dass eine ohnehin schon bestehende Rechtslage bezeugt oder nach außen kenntlich gemacht wird. Ein deklaratorischer Rechtsakt hat also immer eine rechtsbezeugende, nie aber eine rechtsbildende Wirkung.

Ein Beispiel für eine deklaratorische Wirkung ist ein Feststellungsurteil im Zivilprozess, da das Rechtsverhältnis schon vorher Bestand hatte. Auch die Erteilung von Prokura an einen oder mehrere Mitarbeiter eines Unternehmens ist deklaratorisch. Die Ernennung muss zwar an das Handelsregister gemeldet werden, die Eintragung gibt die Ernennung des neuen Prokuristen jedoch nur bekannt. Sie ist nicht rechtsbildend, da der Prokurist schon allein durch seine Ernennung die neuen Rechte innehat.

Eintragung ins Handelsregister - konstitutiv oder deklaratorisch?

In den meisten Fällen hat ein Eintrag ins Handelsregister nur deklaratorische Wirkung. So entsteht beispielsweise eine Kommanditgesellschaft bereits durch das Erstellen des Gesellschaftsvertrages. Die später erfolgende Eintragung ins Handelsregister hat somit nur noch eine deklaratorische Wirkung.

Nur in Ausnahmefällen stellt die Eintragung ins Handelsregister eine Konstitutivwirkung dar. Ein derartiger Ausnahmefall ist eine GmbH, also eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie hat erst Bestand, nachdem sie ins Handelsregister eingetragen wurde und entsteht nicht kraft des Gesellschaftsvertrags. Hierbei wird also durch die Eintragung ein vorher nicht bestehendes Rechtsverhältnis herbeigeführt und die Wirkung ist somit konstitutiv.  

Konstitutiv und deklaratorisch im Vertragswesen

Auch vertragliche Schriftformklauseln können deklaratorisch oder konstitutiv sein. Von einer deklaratorischen Schriftformklausel spricht man, wenn diese in erster Linie dem Zweck der Dokumentation dient. In diesem Fall können also auch abweichende mündliche Absprachen Gültigkeit haben.

Konstitutive Schriftformklauseln hingegen legen fest, dass Vertragsgrundlagen schriftlich vereinbart, verändert und ergänzt werden müssen, um tatsächlich wirksam zu sein.  

Eselsbrücke zum Unterschied zwischen konstitutiv und deklaratorisch

Um sich den Unterschied zwischen den beiden Begriffen “konstitutiv” und “deklaratorisch” zu merken, kann eine Eselsbrücke hilfreich sein. Im Wort “deklaratorisch” steckt das Wort “klar”, genauso wie in “klarstellend”. Eine deklaratorische Wirkung stellt also nur klar, was sowieso schon so war und kann demnach nicht rechtsbegründend sein. Rechtsbegründend ist also das Andere, ist also konstitutiv.