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Allwissender Erzähler - so erkennen Sie die Merkmale

Allwissende Erzähler sind einen Schritt voraus.
Allwissende Erzähler sind einen Schritt voraus.
Die Merkmale, an denen ein allwissender Erzähler zu erkennen ist, sind am einfachsten im Vergleich mit einer Ich-Perspektive festzustellen. Der allwissende - auch als auktorial bezeichnete - Erzählstil bietet nahezu uneingeschränkte künstlerische Möglichkeiten, mit dem Geschehen, aber auch mit dem Leser, zu „spielen“.

Ein allwissender Erzähler: Wesensmerkmale seiner Story

Ein allwissender Erzähler nimmt die Perspektive ein, die dem Autor eine Bandbreite an Möglichkeiten verschafft, um den Leser - der sich üblicherweise zunächst einmal mit ihm identifiziert - zu lenken. Hier einige Hinweise, wie Sie diesen Stil an bestimmten Merkmalen erkennen können:

  1. Versuchen Sie zunächst, sich über den immer bestehenden Rollenunterschied zwischen Autor und Erzähler bewusst zu werden. Um die Erzählperspektive untersuchen zu können, trennen Sie die Meinung des Erzählers, die Sie aus der Geschichte herauslesen, klar von den Ansichten des Autors, über die Sie tatsächlich nichts wissen können - außer, Sie haben sie beispielsweise in einem Interview gehört oder gelesen.
  2. Widmen Sie sich dann dem wohl deutlichsten aller Erzählstil-Merkmale: Ist die Geschichte aus der Ich-Perspektive geschrieben, ist der Erzähler nicht allwissend, da sein Blickwinkel natürlicherweise auf den eigenen Fokus beschränkt ist. Anders verhält es sich hingegen bei der sogenannten Er-Perspektive. Diese kann ein wichtiges Indiz für einen auktorialen Erzähler sein, wenn er zusätzlich häufig die Schauplätze und vor allem die personale Sicht wechselt. Ein allwissender Erzähler nutzt die Möglichkeit, Zeit- und Raumbegrenzungen aufzuheben, er entscheidet, welche Szenen er wann auswählt und dem Leser präsentiert – und welche nicht.
  3. Untersuchen Sie weiterhin am Text, ob der Leser stets auf dem aktuellen Wissensstand gehalten wird. Das heißt, finden Sie Hinweise darauf, dass Informationen absichtlich vorenthalten wurden, um etwa eine falsche Spur zu legen? Solche Manöver sind für den Autor eine Gratwanderung, da er dadurch leicht Interesse und Sympathie des Lesers verspielen kann. Deshalb sind sie häufig wie nebenbei eingeflochten und erfordern handwerkliches Geschick: bemerkt der Leser den „Irrtum“, ist er sich dann oft nicht sicher, ob er die entsprechenden Informationen zuvor nicht ganz einfach überlesen hat.
  4. Ein weiteres Indiz für die Perspektive des allwissenden Erzählers sind eventuell seine Kommentare. Können Sie Textstellen finden, in denen er bspw. deutlich Stellung zu Handlungen und Geschehnissen bezieht oder auf Ereignisse hinweist, die erst später stattfinden werden? Hier gibt der Erzähler sein objektives „Geist“wesen auf, mit dem er ansonsten über der Geschichte schwebt und tritt sozusagen – wenn auch nur kurz – mit auf die Bühne des Geschehens. Dies gibt ihm sogar die Möglichkeit, den Leser direkt anzusprechen, indem er ihn beispielsweise zu seiner Meinung befragt.

Vor- und Nachteile von Erzählperspektiven

Wenn Sie selbst schreiben wollen, ist die Entscheidung für die passende Erzählperspektive wesentlich für das Umsetzen Ihrer Absichten. Hier einige Anregungen, die Sie vielleicht bei Ihrer Wahl unterstützen können:

  • Machen Sie sich zunächst für jede Erzählsituation bewusst, dass zwischen Autor und Leser stets der Erzähler geschaltet ist, den Sie als Instrument Ihres Schreibens nutzen können. Das heißt, dass jene Person, die zum Leser „spricht“ und Kontakt mit ihm aufnimmt, nicht Sie selbst sind. Mit dieser Haltung können Sie Ihr Schreiben vielfältig und auch kunstvoll gestalten und mit neuen Formen experimentieren.
  • Werden Sie sich darüber klar, welchen Zweck Sie mit dem jeweiligen Text erfüllen möchten. Soll eine individuelle und vor allem auch innere Entwicklung dargestellt werden, bietet sich vermutlich die Ich-Erzählung an, da nur so die subjektive Erfahrung – beispielsweise auch in Form innerer Monologe – konsequent und ohne ausführliche Dialoge aufgezeigt werden kann. Wollen Sie hingegen eine eher allgemeine Entwicklung mit ihren Auswirkungen auf unterschiedliche Menschen und Situationen beschreiben, nutzen Sie wohl eher einen objektiven und/oder auktorialen Stil.
  • Häufig ist es verlockend, für eine Geschichte, die ein eigenes Interesse oder die subjektive Haltung zu einem Thema zum Ausdruck bringen möchte, die Ich-Form zu wählen. Bedenken Sie, dass dieser Stil besonders für Erstlingsautoren die Gefahr birgt, Autor und Erzähler zu einer Person verschmelzen zu lassen und damit den objektiven Blick auf die Geschichte zu verlieren. Dagegen bietet diese Erzählform eine Orientierung im Sinne eines klar umrissenen Erzählfeldes, das ein Ausufern des Plots und das Abschweifen auf Nebenschauplätze verhindern kann.
  • Ein allwissender Erzähler zu sein und häufig die Perspektive zu wechseln, hat auch für den Newcomer unter den Autoren seine Verlockung, da es zunächst vielleicht einfacher erscheint, als eine Geschichte stringent zu entwickeln. Allerdings kann diese Erzählform leicht dazu führen, den Überblick zu verlieren. Achten Sie daher immer auf die Einhaltung Ihrer Handlungslinie, machen Sie sich einen Entwurf mit Stationen, die Sie Punkt für Punkt abarbeiten. Dann können Sie weitere Blickwinkel geschickt daneben einbauen.
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