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Sozialverhalten im Kindergarten schulen - so funktioniert's

So einvernehmlich geht`s nicht immer zu.
So einvernehmlich geht`s nicht immer zu.
Ja, die Sache mit dem Sozialverhalten im Kindergarten ist nicht immer so einfach. Dabei macht uns die Natur bzw. die natürliche Entwicklung des Kindes genau vor, wie es geht. Aber die Kinder wachsen in einer sehr bewegten Welt auf. Kindergartengruppen sind oft mit 15 bis 30 Kindern besetzt. Jedes einzelne hat eine Welt in sich. Es prallen also Welten aufeinander. Und nun erheben Eltern und Kindergärtnerinnen den Anspruch, dass die Kinder lernen sollen, eigene Bedürfnisse zurückzustellen, Rücksicht auf andere zu nehmen, Bedürfnisse des anderen zu erkennen und zum Teilen bereit zu sein. Wie also soll das im Kindergarten funktionieren?

Sozialverhalten im Kindergarten ist von vielen Faktoren abhängig

  • Jeder Mensch ist ein "Egoist", denn "Ego" bedeutet "Ich" und dieses "Ich" muss erst einmal überleben. Ab einem bestimmten Zeitpunkt lernt das "Ego", das "Du" zu erkennen. Viel später erst beginnt das "Ego" das "Du" als eigenständigen Egoisten zu begreifen, auf den man zugehen könnte bzw. respektvoll zugehen sollte.
  • Diese Kurzformel beinhaltet die soziale Entwicklung des Kindes bis und reicht im Grunde bis ins hohe Alter. Zwar gibt es eine Richtschnur, bis wann Kinder "Sozialverhalten" gelernt haben sollten, doch diese Entwicklung verläuft sehr unterschiedlich.
  • Der Anspruch, Kinder würden im Kindergarten das Sozialverhalten schon lernen, ist sehr hoch. Jeder Erzieher, der diesen Anspruch, aus welchen (Ego-)Gründen auch immer, übernimmt, überfordert nicht nur sich, sondern auch die Kinder. 
  • Sozialverhalten unterliegt einem Entwicklungsprozess, der durch positive Kooperation zwischen Kind, Elternhaus und Erzieher unterstützt werden kann. Manche Erzieher verzweifeln an ihrem Anspruch, Kindern Sozialverhalten vermitteln zu können, und manche Eltern zweifeln an den Fähigkeiten der Erzieher. Es entstehen Machtkämpfe und das Kind bemerkt die "unsozial" werdenden Spannungen. Damit ist jedes noch so schön formulierte Lernziel dahin.

Erkennen Sie die natürlichen Entwicklungsstufen des Kindes

Um das Sozialverhalten zu fördern, müssen Sie die emotionale Kindesentwicklung einschätzen können. Lernen Sie daher, die ersten 12 Lebensmonate eines Kindes als Spiegel zu betrachten:

  • Ein neugeborenes Baby ist auf eine Bezugsperson, seinen Versorger, angewiesen. Noch während es nur sich selbst wahrnimmt, lernt es bis zum 2. Lebensmonat, das Gesicht des Gegenübers zu erkennen.
  • Bis zum 3. Lebensmonat reagiert das Baby auf sein Gegenüber und nimmt mit seinem "Versorger" Kontakt durch Blicke, Gestik, Mimik oder Laute auf. Diese Kontaktreaktionen differenzieren sich bis zum 4., 5. Lebensmonat.
  • Etwa mit dem 6. Lebensmonat lernt das Baby, ärgerliche von fröhlichen Gesichtsausdrücken sowie Stimmen zu unterscheiden.
  • Im 8. Lebensmonat, wenn die emotionale Bindung an die Bezugsperson stärker wird, können sich bereits charakterliche Eigenschaften durchsetzen. D. h. einige Kinder "fremdeln", andere akzeptieren andere Personen leichter.
  • Der 9. Monat verdeutlicht, was Affektverstärkung ist, denn das Baby orientiert sich in ungewohnten Situationen an der Mimik der ihm vertrauten Person.
  • Zum 10. Monat hin erkennt das Baby, auf welche seiner Verhaltensweisen Personen reagieren und kann auch seine Zuneigung recht deutlich anzeigen.
  • Bereits einen Monat weiter erhebt es Protest, wenn ihm ein Gegenstand entzogen wird und mit 12 Monaten ahmt es das Verhalten anderer, wie z. B. das Klatschen oder Winken nach.
  • Bis es etwa 18 Monate alt ist, hat es gelernt, an den Gefühlen anderer teilzunehmen oder auch trotzig zu reagieren, und mit zwei Jahren wird es von seiner Bezugsperson unabhängig.

Übertragen Sie frühe Entwicklungsprozesse auf spätere Entwicklungsphasen

"Sozialverhalten" entwickelt sich bereits im Säuglingsalter und differenziert sich mit dem zweiten, dritten und jedem weiteren Jahr. Betrachtet man die Entwicklung genau, stellt man fest, dass sich im Grunde die Lernphasen des ersten Lebensjahres stetig wiederholen:

  • Kleinkinder erleben sich als "eigenen Mittelpunkt" im Spiel mit anderen. Später erst nimmt das Kind den anderen wahr. Je nach charakterlicher Prägung spielt es eher dominant, zurückhaltend oder freundlich zugewandt.
  • Nun entdeckt das Kind den "anderen" und ahmt von diesem Dinge nach. Es beginnt, auf sein Gegenüber zu reagieren und verteidigt seine "Besitztümer". 
  • Erst anschließend beginnen Kinder vom eigenen "Ego" unabhängiger zu werden und auf das Gegenüber zuzugehen.

Geben Sie Kindern die Chance zur Entwicklung

Sozialverhalten im Kindergarten kann mit vielen bekannten Spielen unterstützt werden. Erzieher kennen viele Spiele und Aktionen, die den Gemeinschaftssinn fördern und stärken. Die haben jedoch nur dann Sinn, wenn das Kind emotional dem Entwicklungsstand entspricht. Wenn sich ein Kind "unsozial verhält", prüfen Sie, welche Entwicklungsschritte es noch nicht durchlebt hat.

  • Ein Kind, das stets vor dem Fernseher "abgeschoben" war, hat vielleicht noch nicht erfahren, ein "Gegenüber" kennenzulernen. Planen Sie in einem solchen Fall Spiele oder Aktionen, die ein neutrales Neben- bzw. Miteinander erlauben, z. B. "Jeder malt ein schönes Bild und alle Bilder hängen wir gemeinsam auf."
  • Sollten Sie feststellen, das ein Kind reagiert aggressiv oder deprimiert auf andere, prüfen Sie, inwieweit dieses Kind nie eigene Bedürfnisse befriedigen konnte, z. B. ein eigenes Auto behalten, eigene Zeit mit den Eltern verbringen usw. Stellen Sie diesem Kind Ihre Zeit zur Verfügung. Basteln Sie mit den Kindern der Gruppe Dinge, die jeder Einzelne behalten darf.
  • Reagiert ein Kind ungewöhnlich übergriffig, erforschen Sie, inwieweit das Kind als "grenzenloser" Mittelpunkt gefördert wurde. Sensibilisierende "Mein-Dein-Spiele", Memory-Spiele und Aktionen, wie "Natur erleben", könnten zweckdienlich sein, das Kind zu lehren, die Tür zur Grenze "Du" respektvoll zu öffnen.
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