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Karikatur "Menschliche Erleichterungen" - Informatives

"Menschliche Erleichterungen" zeigt die Mauer mit Blümchentapete.
"Menschliche Erleichterungen" zeigt die Mauer mit Blümchentapete.
Politische Karikaturen sind ein festes Format innerhalb der internationalen Presse-Veröffentlichungen. Sie illustrieren das politische Geschehen, versehen es mit einem satirischen Kommentar und zeigen Widersprüche auf. Die Zeichnung "Menschliche Erleichterungen" können Sie als Beitrag zu einem Meilenstein deutsch-deutscher Politik vor der Wiedervereinigung lesen.

Ost-West-Annäherung - "Menschliche Erleichterungen"

  • Die 1960er Jahre waren geprägt von einer Verhärtung der politischen Beziehungen zwischen den sozialistischen Staaten und den Westmächten. Auch das Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR stand im Zeichen des Kalten Kriegs. Der 17. Juni 1953, die Wiederbewaffnung Westdeutschlands in den 1950er Jahren sowie der Bau der Mauer waren nur einige Stationen, die diese Entwicklung markierten.
  • Als Ende der 1960er Willy Brand, gestützt durch eine sozialliberale Koalition, Bundeskanzler wurde, änderte sich die deutsche Außenpolitik. Man versuchte eine politische Annäherung zu erreichen, mit der beide deutsche Staaten unterschiedliche Ziele verfolgten. Während die DDR um außenpolitische Anerkennung als Staat rang, war die Debatte in Westdeutschland davon geprägt, unter anderem "menschliche Erleichterungen" im grenzüberschreitenden Verkehr zu erreichen. Man einigte sich ferner auf die Anerkenntnis der Grundsätze der Vereinten Nationen und zukünftige Abkommen auf anderen Gebieten wurden in Aussicht gestellt.
  • Nach langen Verhandlungen trat im Juni 1973 der Grundlagenvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik in Kraft.

Die Karikatur Josef Blaumeisers - Tapete auf der Mauer

1924 wurde Josef Blaumeiser in Ludwigshafen geboren. Nach dem zweiten Weltkrieg und einer, mehrere Jahre dauernden, russischen Kriegsgefangenschaft übersiedelte er nach München, wo er zum Grafiker und Werbeschaffenden ausgebildet wurde. 1955 gründete er sein eigenes Atelier der Werbegestaltung, mit dem er jahrelang renommierte Großkunden aus Industrie und Verlagswesen betreute.

  • Seine Karriere als Illustrator und Karikaturist begann für Blaumeiser Ende der 1960er Jahre. In dieser Funktion arbeitete der des Öfteren für die Münchner Abendzeitung sowie für die Süddeutsche Zeitung.
  • Die Karikatur "Menschliche Erleichterungen" bezieht sich auf die Debatte um den Grundlagenvertrag. Brandts Regierung hatte sich von den Vereinbarungen, die unter anderem Aufenthalte ständiger Vertreter des einen im anderen deutschen Staat vorsahen, unter anderem messbare Erleichterungen im grenzüberschreitenden Verkehr zwischen Verwandten und ähnliches mehr versprochen. Zwar bot der Grundlagenvertrag bis zur Wiedervereinigung Deutschlands immer wieder diverse bilaterale Anknüpfungspunkte, gerade in seiner frühen Phase war er jedoch stark umstritten.
  • Blaumeiser zeichnete eine hohe und stabile Mauern einer leichten Aufsichtsperspektive, die oben zusätzlich mit Stacheldraht gesichert ist. Was sich dahinter befindet, ist nicht zu sehen, Sie dürfen jedoch davon ausgehen, dass die Mauer zwischen der Bundesrepublik und der DDR gemeint ist. Des Weiteren sehen Sie einen Mann, der die Steinmauer bereits bis zur Hälfte mit einer Blümchentapete beklebt hat. Auf einem Tapeziertisch im Vordergrund liegen weitere, bereits zugeschnittene Bahnen.
  • Es steht zu vermuten, dass die Intention des Karikaturisten darin bestand, den Verständigungsprozess bzw. die beschlossenen Maßnahmen als halbherzig zu brandmarken.

Man richtet sich, wie Sie es vielleicht aus Ihrem Alltag kennen, buchstäblich häuslich in den bestehenden Gegebenheiten ein. Zu Zeiten der deutsch-deutschen Trennung zählten zu diesen eine politische Gegnerschaft und die Teilung des Landes, symbolisiert durch den Hochsicherheitszaun. Die bleibt indes bestehen, sie wird lediglich durch die Tapete verschönt und ausgeblendet. Im Blumenmuster erkennen Sie einen Hinweis auf die Friedensbewegung im weitesten Sinne, frei nach dem Folksong "Sag mir wo die Blumen sind."

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