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Dekommodifizierung - Begriffserklärung

Auch Renten sind vom Faktor Arbeit abhängig.
Auch Renten sind vom Faktor Arbeit abhängig.
In den westlichen Industrienationen und auch in anderen Gesellschaften erwirtschaftet der Mensch seinen Lebensunterhalt vor allem mithilfe der eigenen Arbeitskraft. Der Begriff "Dekommodifizierung" bezeichnet demgegenüber eine Entwicklung, bei der die soziale Sicherheit des Einzelnen nicht nur vom Arbeitsmarkt abhängig ist.

Die Finanzierung der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung hängt in Deutschland in hohem Maße vom Faktor Arbeit ab: Wenn die Beschäftigungsquote der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten hoch ist, dann geht es den sozialen Sicherungssystemen sozusagen gut. Und auch der Einzelne erwirbt durch höhere Rentenbeiträge eine höhere Versorgung im Alter.

Dekommodifizierung im Sozialstaat entwickeln

  • Der Begriff "Dekommodifizierung" leitet sich vom englischen Wort "commodity" ab. Dieses bedeutet "Ware", in anderen Zusammenhängen auch so viel wie "(landwirtschaftliches) Erzeugnis". Die Arbeitskraft des Einzelnen ist quasi die Ware, die er auf dem Arbeitsmarkt als Angestellter oder Selbstständiger anbietet.
  • De-Kommodifizierung heißt dann, dass die Ware "Arbeit" immer weniger über die soziale Sicherung des Einzelnen entscheidet, weil die sozialen Sicherungssysteme davon immer mehr abgekoppelt werden.
  • Während der Arbeiter in der Zeit der Industrialisierung ohne seine Arbeitskraft - beispielsweise infolge von Krankheit, Unfällen oder Alter - in große Not geriet und sein Lebensunterhalt völlig ungesichert war, ist das Schicksal eines heutigen Arbeitnehmers weit weniger von der Ware Arbeit abhängig.
  • Dafür sorgen beispielsweise die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers im Krankheitsfall, das Krankengeld, Unfallrenten und im Alter schließlich auch der Anspruch auf Grundsicherung, wenn die eigene Rente nicht reicht.

Den Lebensunterhalt sichern

  • In Deutschland ist der existenzielle Lebensunterhalt auch gesichert, wenn eine Person keine Arbeitsleistung auf dem Arbeitsmarkt anbietet. Insbesondere die Leistungen nach dem SGB II sorgen dann dafür, dass zumindest ein bescheidenes Wohnen und Leben möglich sind.
  • Bei der Altersversorgung ist ein hoher Grad von Dekommodifizierung dann erreicht, wenn die Alterssicherung nicht nur bzw. immer weniger am Faktor Arbeit hängt. Dies ist dann der Fall, wenn es eine staatlich garantierte Grundrente gibt, die weitgehend aus Steuermitteln finanziert wird.

Je weniger stark die soziale Sicherheit des Einzelnen vom Arbeitsmarkt bzw. seiner Fähigkeit, dort seine Arbeitsleistung anzubieten, abhängt, desto stärker ist in einem Land der Grad der Dekommodifizierung ausgeprägt.

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