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Tarifautomatik - Erklärung und Bedeutung

Nicht jeder fühlt sich gerecht bezahlt.
Nicht jeder fühlt sich gerecht bezahlt.
Wer fleißig und zuverlässig ist und immer ein offenes Ohr für die Anliegen der Kolleginnen und Kollegen hat, der ist meist sehr beliebt. Arbeiten Sie im öffentlichen Dienst, wirken sich diese persönlichen Eigenschaften allerdings grundsätzlich nicht auf Ihre "Gehaltsklasse" aus. Da hier der Grundsatz der Tarifautomatik gilt, ist Ihr Gehalt in der Regel auch nicht verhandelbar.

Vergütungsgruppen, Entgeltgruppen, Eingruppierung und Entgeltstufen - die verschiedenen Tarifverträge für den öffentlichen und den kirchlichen Dienst folgen alle einer vergleichbaren Systematik. In diesem Zusammenhang ist der Begriff der "Tarifautomatik" von besonderer Wichtigkeit.

Tarifautomatik und Eingruppierung

  • Den Grundsatz der Tarifautomatik können Sie in den einschlägigen Tarifvertragstexten sprachlich an einem einzigen Wort ablesen: In § 22 Abs. 2 BAT oder in § 12 Abs. 1 TV-L heißt es, dass der Angestellte bzw. Beschäftigte eingruppiert "ist".  
  • Dies macht einen bedeutsamen Unterschied zu der (falschen) Formulierung, dass der Angestellte eingruppiert "wird". Denn in dem "ist" kommt zum Ausdruck, dass der öffentliche Arbeitgeber nicht selbst über die Eingruppierung entscheidet, sondern sich diese automatisch ergibt. Der Arbeitgeber stellt lediglich fest, um welche Eingruppierung es sich handelt.
  • Die Eingruppierung - also die Bewertung der Stelle und entsprechende Zuordnung des Stelleninhabers zu einer Vergütungs- bzw. Entgeltgruppe - ist für die Höhe des Entgelts entscheidend. Je höher Sie in den Entgeltgruppen 1 - 15 des TVöD (Entgeltordnung Bund) und des TV-L (Länder) klettern, desto mehr Geld verdienen Sie.

Tätigkeitsmerkmale als Basis

  • Unter anderem nach § 22 Abs. 2 BAT und § 12 Abs. 1 TV-L richtet sich die Eingruppierung nach den sogenannten Tätigkeitsmerkmalen. Die Tarifvertragstexte bzw. Entgeltordnungen definieren im Einzelnen, welche Entgeltgruppe welches Tätigkeitsmerkmal beinhaltet. In der Entgeltgruppe 5 des TV-L sind beispielsweise Beschäftigte erfasst, deren auszuübende Tätigkeit ein bestimmtes Niveau von Fachkenntnissen erfordert, nämlich "gründliche". 
  • Entspricht die vom Beschäftigten auszuübende Tätigkeit - also das, was auf der Stelle zu tun ist - diesem Tätigkeitsmerkmal, dann folgt daraus automatisch die Eingruppierung in die Entgeltgruppe 5 TV-L. Sind auf der Stelle jedoch Tätigkeiten auszuführen, die überhaupt keine gründlichen Fachkenntnisse erfordern, dann ist der Beschäftigte niedriger eingruppiert, z. B. in Entgeltgruppe 4.

Die Eingruppierung kann nicht falsch sein

  • Aus dem Grundsatz der Tarifautomatik folgt der Gedanke, dass die Eingruppierung nie falsch sein kann: Wenn sich eine Rechtsfolge automatisch ergibt, dann ist kein falsches Handeln möglich, allerdings durchaus ein falsches "Denken". So kann sich der öffentliche - oder auch der kirchliche - Arbeitgeber darüber irren, wie eine Stelle zu bewerten ist und wie der Angestellte bzw. Beschäftigte daher eingruppiert ist. 
  • Liegt ein solcher Irrtum vor, dann erhalten Sie entweder zu wenig oder zu viel Geld: Entweder Sie sind zu hoch oder zu niedrig eingruppiert. Da der Arbeitgeber jedoch nichts falsch gemacht, sondern sich nur geirrt hat, kann er diesen Irrtum relativ leicht wieder aus der Welt schaffen.
  • Eine Änderungskündigung ist bei einer sogenannten "korrigierenden Herabgruppierung" nicht nötig; es genügt vielmehr, wenn der Arbeitgeber seinen Irrtum nachvollziehbar erklären kann und dann die tatsächliche Eingruppierung feststellt - und in der Folge womöglich weniger Geld überweist. 

Das öffentliche Tarifrecht ist eine komplexe Materie und die tarifliche Bezahlung erscheint oft nicht gerecht. Denn entscheidend ist vor allem, welche Arbeit zu tun ist - und nicht, wie gut oder schlecht diese getan wird. 

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