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Inhaltsangabe vs. Nacherzählung - Merkmale und Unterschiede

Inhaltsangaben und Nacherzählungen schulen den differenzierten Umgang mit Texten.
Inhaltsangaben und Nacherzählungen schulen den differenzierten Umgang mit Texten.
Inhaltsangaben und Nacherzählungen sind Bestandteil jedes Deutschunterrichts. Leider sind sich beide Formen so ähnlich, dass es oft schwerfällt, sie zu unterscheiden. Einige charakteristische Merkmale helfen Ihnen, Inhaltsangabe und Nacherzählung klar voneinander abzugrenzen.

Inhaltsangabe - in der Kürze liegt die Würze

  • Inhaltsangaben sind dazu da, in wenigen Worten den Inhalt eines Buches, eines Films oder einer anderen Geschichte darzustellen.
  • Eine Inhaltsangabe soll keine Emotionen hervorrufen, sondern lediglich informativ sein. Ziel ist es, dass der Leser sich ein genaues Bild von der Geschichte machen und ihren Inhalt wiedergeben kann.
  • Verwenden Sie kurze und präzise Formulierungen, und vermeiden Sie emotionale Adjektive oder Exklamationen. Beschränken Sie sich auf klare, unverschachtelte Aussagesätze. 
  • Was nicht in eine Inhaltsangabe gehört, sind ausschweifende Erläuterungen oder eigene Überlegungen. Ihre eigene Meinung zu dem Text ist nicht relevant, nur der Inhalt zählt. Achten Sie daher auf neutrale, sachliche Formulierungen, und verzichten Sie auf direkte Rede.
  • Wenn Ihnen der Einstieg schwerfällt, orientieren Sie sich an den zentralen W-Fragen: Was? Wann? Wo? Wie? Warum? Diese geben Ihrer Darstellung ein Gerüst und sorgen dafür, dass Sie nicht abschweifen.
  • Wählen Sie für Ihre Inhaltsangabe die Zeitform Präsens. Gehen Sie ausschließlich nach chronologischer Reihenfolge vor. Dies unterstreicht die Neutralität und den informativen Gehalt Ihrer Aussagen.

Nacherzählung - Platz für literarischen Spielraum

  • Auch Nacherzählungen dienen dazu, den Inhalt einer Geschichte möglichst vollständig wiederzugeben. Im Gegensatz zur Inhaltsangabe sollte eine Nacherzählung jedoch so anschaulich und lebendig wie möglich formuliert sein. Dies ist der Hauptunterschied zwischen beiden Aufsatzformen.
  • Verlieren Sie bei Ihrer Nacherzählung niemals den Originaltext aus dem Auge. Fügen Sie nichts hinzu, was nicht schon vorgegeben ist. Schweifen Sie nicht vom zentralen Thema ab.
  • Richten Sie sich in der Reihenfolge Ihrer Erzählung nach der Originalvorlage. Sie brauchen nicht chronologisch vorzugehen. Wenn im Original die zeitlichen Ebenen wechseln, dürfen Sie dies auch in der Nacherzählung tun. 
  • Verwenden Sie die Zeitform Präteritum. Springen Sie nicht zwischen verschiedenen Zeitformen hin und her, und verzichten Sie auf direkte Rede.
  • Anders als bei der Inhaltsangabe liegt der oberste Anspruch hier nicht auf Sachlichkeit, sondern auf einer Wiedergabe des Originals. Dies bezieht sich auch auf die Erzählperspektive. Ist das Original beispielsweise in der Ich-Form geschrieben, steht auch die Nacherzählung in der Ich-Form. Sie wird nicht, wie in der Inhaltsangabe, in die neutrale Er/Sie/Es-Form umgewandelt.
  • Besonders wichtig ist bei der Nacherzählung, dass sie mit eigenen Worten formuliert ist. Der Schwerpunkt liegt hier auf dem Wort "Erzählung". Verwenden Sie nicht die gleichen Formulierungen wie im Original, damit Sie die Geschichte wirklich nacherzählen und nicht abschreiben.
  • Eine Nacherzählung ist nicht neutral geschrieben wie eine Inhaltsangabe. Sie gibt auch die Atmosphäre und den Stil des Originaltextes wieder. Bauen Sie darum auch emotionale Ausdrücke und erzählerische Elemente ein.
  • Bei einer Inhaltsangabe ist die Art des Originaltextes irrelevant. Bei einer Nacherzählung können Sie jedoch literarische Feinheiten in Ihre Formulierung einfließen lassen. Eine Gruselgeschichte werden Sie sicherlich anders nacherzählen als ein Märchen oder eine Kurzgeschichte.

Tipps zum Verfassen von Inhaltsangaben und Nacherzählungen

Um zu trainieren, Inhaltsangaben und Nacherzählungen zu unterscheiden, ist die beste Methode, sie selbst zu formulieren. Hierzu brauchen Sie nichts anderes, als ein gut gefülltes Bücherregal.

  1. Suchen Sie sich einige Ihrer Lieblingsbücher aus. Achten Sie darauf, dass die Auswahl möglichst abwechslungsreich ist. Nehmen Sie nicht nur Romane, sondern auch Kinderbücher, Dramen oder Thriller.
  2. Schreiben Sie zu jedem Buch sowohl eine Inhaltsangabe und eine Nacherzählung. Vergleichen Sie Ihre Texte anschließend miteinander und stellen Sie fest, ob sie sich gut voneinander unterscheiden.
  3. Unterstreichen Sie in beiden Texten Schlüsselwörter, die kenntlich machen, um welche Textsorte es sich handelt. Dies können in einer Nacherzählung ausschmückende Adjektive oder die Verwendung der Ich-Form sein. Bei einer Inhaltsangabe ist es kennzeichnend, dass solche Schlüsselwörter fehlen.
  4. Vergleichen Sie die Zeitebenen. In keinem Text sollten Sie zwischen verschiedenen Zeitformen hin- und herspringen. Die Inhaltsangabe steht jedoch in der Gegenwartsform, die Nacherzählung in der Vergangenheitsform.
  5. Betrachten Sie Ihre Texte mit den Augen eines Lesers, der das Buch nicht kennt. Sind durch Ihren Text alle wichtigen Fragen beantwortet? Ist der Inhalt erschöpfend dargestellt oder gibt es Lücken?
  6. Lassen Sie schließlich Ihre Texte von einem unbeteiligten Dritten lesen. Die Voraussetzung ist, dass er die von Ihnen beschriebenen Bücher nicht kennt. Kann er sich ein genaues Bild von der Handlung machen, so ist Ihre Inhaltsangabe gelungen. Kann er darüber hinaus auch die Atmosphäre und den emotionalen Gehalt der Geschichte wiedergeben, so hat auch Ihre Nacherzählung ihren Zweck erfüllt.
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