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Der Stresemann: Ein Anzug - wie er aussieht und wann Sie ihn tragen können

Das ist die Zeit, in der der Stresemannanzug "erfunden" wurde - um 1925.
Das ist die Zeit, in der der Stresemannanzug "erfunden" wurde - um 1925. © Dieter_Schütz / Pixelio
Gustav Stresemann war nicht nur ehemaliger Reichsaußenminister, sondern letzlich ungewollt auch in der Modebranche "tätig", denn er war es, der einen ganz besonderen Anzug erfunden hat, der damals wie heute zu förmlichen Anlässen getragen wurde und wird. Dieser Anzug erhielt den Namen seines Erfinders - und heißt seither "Stresemannanzug" oder auch einfach nur "Stresemann". Wie er aussieht und wozu Sie ihn tragen können? Lesen Sie es hier.

So sah der ursprüngliche Stresemann aus

  • Bei offiziellen Anlässen in der Wirtschaft und Politik wurde früher auch ein besonders würdevoller Anzug verlangt. Einen Unterschied dabei machte die Tageszeit. Abends trug man Frack oder Cutaway, mit einer schwarzen sogenannten Frackhose - und bei allen Anlässen bis 17 Uhr (Staatsempfänge, Trauerfeiern, Bankette etc.) gehörte zum Cutaway eine würdevolle, schwarz-grau gestreifte Hose.
  • Tagsüber alles in allem recht unpraktisch, vor allem wegen der Länge der Jacke, wurde der Stresemann "geboren". Bei ihm ersetzte ein schwarzes Jackett den Cutaway und er sah nun folgendermaßen aus: ein einreihiges schwarzes Jackett über einer schwarz-grau gestreiften Hose, eine graue oder schwarze Weste (schwarz bei Trauerfeiern etc.), ein weißes Hemd mit Manschetten (und Manschettenknöpfen), eine silbergraue (bei Trauerfeiern schwarze) Krawatte, schwarze Schuhe. Als Kopfbedeckung gehörte Melone oder Eden dazu.

Wie dieser Anzug erfunden und von wem er getragen wurde

  • Entsprechend der Anlässe ist klar, von wem solche würdevollen, feierlichen Outfits vor allem getragen wurden. Es waren Politiker und Wirtschaftsgrößen, die gemäß des Protokolls oftmals den Cutanzug tragen mussten.
  • Ihr Alltag wechselte aber natürlich zwischen solchen Anlässen in der Öffentlichkeit und ganz normaler "Bürotätigkeit", die aber dennoch ein würdevolles Auftreten verlangte. Aus rein praktischen Gründen erfand also um 1925 herum der damalige Reichsaußenminister Gustav Stresemann die Anzugvariante, die schnell seinen Namen erhielt.
  • Während er also, wie es sich gehörte, in der Reichskanzlei seinen Cutanzug trug, wechselte er beim Betreten seines Büros einfach die Jacken - die gestreifte Hose und die Weste behielt er an, nur das Jackett war kürzer und wesentlich praktischer bei der Bürotätigkeit und auf der Straße als der lange Cutaway.
  • Das sparte Zeit, entledigte ihn des ständigen Anzugwechselns und entsprach immer noch den Vorgaben, angemessen gekleidet zu sein, nur etwas weniger feierlich und wesentlich bequemer.
  • Das erkannten schnell auch andere Politiker - und der "Stresemann" war geboren, wurde schnell sehr beliebt und ersetzte im Laufe der Zeit auch immer mehr den Cutaway komplett. Es gab auch Veränderungen beim Hemd (statt des gestärkten Kläppchenkragens war später auch ein nicht gestärkter Umlegekragen statthaft) oder bei der Weste ein hellerer Grauton.
  • In der jungen Bundesrepublik waren z. B. Konrad Adenauer und Theodor Heuss regelmäßige Stresemann-Träger, gut zu sehen auf alten Fotos von Staatsempfängen, etc.. Deshalb wurde der Stresemann damals auch gern "Bonner Anzug" genannt, was sich heute aber wieder verloren hat.

Der Stresemannanzug heute - Abwandlungen und Anlässe, ihn zu tragen

  • Inzwischen hat der Anzug weitere Änderungen erfahren. "Bonner Anzug" wird er nicht mehr genannt, auch nicht "Berliner", sondern er ist einfach der "Stresemann". Tragen können Sie ihn als modebewusster Herr immer noch, und Sie können ihm auch Ihren ganz persönlichen Stempel aufdrücken.
  • Ausgehen müssen Sie, wenn Sie einen echten Stresemann tragen möchten, immer noch von der Prämisse: einreihiges schwarzes oder anthrazitfarbenes Jackett, dazu eine andere Hose. Entweder wählen Sie die traditionelle Variante, aber auch Glencheck- oder Hahnentritt, sind erlaubt, ebenso wie eine hellgraue Hose.
  • Die Weste kann aus dem gleichen Stoff wie das Jackett sein, aber auch ein helles Grau in Leinenqualität geht. Das Hemd ist immer noch weiß, die Krawatte silbergrau. Wenn Sie experimentierfreudig sind, können Sie aber ebenso gut eine sogenannte Lipton-Schleife dazu tragen.
  • Für eine Hochzeit beispielsweise ist der Stresemann ein ideales, festliches Outfit. Beachten Sie aber bitte, dass - wenn Sie es ganz genau nehmen möchten - der Stresemann nach wie vor nur tagsüber getragen werden sollte.

Ein Tipp also für Ihren Einkauf: Machen Sie es, ähnlich wie Stresemann dazumal, nur umgekehrt. Kaufen Sie einen kompletten schwarzen Anzug (für abends) und dazu noch eine Stresemann-Hose nach Wunsch und eine passende Weste - dann sind Sie komplett ausgestattet und können immer die richtige Wahl treffen: für Hochzeit, Theater und jegliche formelle Anlässe, egal ob am Tage oder als Abendveranstaltung.

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