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Poetologische Lyrik - Informationen auf einen Blick

Auch Goethe und Schiller haben über das Dichten gedichtet
Auch Goethe und Schiller haben über das Dichten gedichtet © Peter_von_Bechen / Pixelio
Wer im Beruf oder Studium mit Literaturwissenschaft zu tun hat, der wird vermutlich auch dem Begriff der "poetologischen Lyrik" begegnen. Obwohl es Formen dieser Art von Lyrik schon seit der Antike gibt, ist der Begriff selbst relativ neu. Eine sorgfältige Definition und die Kenntnis der wichtigsten Merkmale poetologischer Lyrik sind besonders dann hilfreich, wenn ein Gedicht interpretiert werden soll.

So wird der Begriff definiert

  • Das Adjektiv "poetologisch" leitet sich vom Begriff der "Poetik" ab. Vorsicht vor Verwechslungen: Das Adjektiv "poetisch" bezieht sich dagegen auf die "Poesie".
  • Die Poetik ist die Lehre der Dichtkunst, beschäftigt sich (auf theoretischer Basis) mit deren Formen, Regeln und Entstehungsprozessen.
  • Ein Synonym für den Begriff der poetologischen Lyrik ist die Metalyrik, manchmal auch als Meta-Poesie bezeichnet.
  • Poetologische Lyrik ist Dichtung, die das Gedicht und die Dichtkunst selbst zum hauptsächlichen oder doch zumindest zum zentralen Thema hat. Sie ist Poetik (Theorie der Dichtkunst) in Form von Poesie (Dichtung).

Die wichtigsten Merkmale poetologischer Lyrik

  • Der Dichter denkt im poetologischen Gedicht über sich selbst und über sein dichterisches Schaffen nach (Selbstbetrachtung).
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  • Solche Gedichte können lehrhaften Charakter haben, aber auch kritisch sein.
  • Im seinem Werk formuliert der Dichter Antworten auf Fragen wie: Welche Aufgabe hat ein Dichter? Wie entsteht Dichtung, welche Wirkung und welche Grenzen hat sie? Unter welchen Bedingungen wird Dichtung geschaffen? An wen richtet sie sich? In welchem Verhältnis steht der Dichter zu jenen, die Dichtung lesen? Wie wirkt Dichtung auf ihre Leser?
  • Im poetologischen Gedicht wird Dichtung als besondere Kunstform häufig in Vergleich zu anderen Künsten gesetzt. Damit stellt der Dichter auch die Frage, welche Rolle Kunst in der Gesellschaft seiner Zeit spielt.
  • Von zentraler Bedeutung ist die Funktion des Dichters. Dass sich dessen Rolle im Laufe der Jahrhunderte gewandelt hat, macht die poetologische Lyrik deutlich.
  • Formen dieser besonderen Art von Dichtkunst gibt es bereits seit der Antike: In älteren Gedichten übt der Dichter häufig die Funktion eines Überbringers "höherer", zeitloser Wahrheiten aus.
  • Im Gegensatz dazu hat sich das Dichterbild der Neuzeit verändert: Der Arbeitsprozess selbst, das dichterische Schaffen, wird stärker in den Mittelpunkt gestellt. Der moderne Dichter fühlt sich außerdem häufig von der Gesellschaft seiner Zeit missverstanden. Er empfindet sie als engstirnig und banal, sich selbst als (freiwilligen) Außenseiter.
  • Vor allem in der Neuzeit – etwa seit dem 19. Jahrhundert - nimmt die Zahl poetologischer Gedichte zu. Oft hängt das damit zusammen, dass sich auch die Lebenssituation des Dichters ändert. Dies kann seine ökonomische Lage betreffen, aber auch seine Stellung innerhalb der Gesellschaft.
  • Poetologische Lyrik kann andeuten, dass der Dichter sich in einer Krise befindet. Er muss seine Funktion und sein Wirken ganz neu definieren. Häufig entsteht dabei ein Konflikt zwischen Absicht und Ziel des Dichters und der Weise wie die Gesellschaft seine Dichtung beurteilt.
  • Gedichte dieser Art können auch hilfreiche Hinweise geben auf die zentrale Absicht, die ein Dichter mit seinem Wirken und Gesamtwerk verfolgt.
  • Dies bezieht sich nicht immer nur auf Einzeltexte eines Dichters. Oft sind mehrere Gedichte in Gruppen oder Zyklen geordnet. Diese Gedichte im Zusammenhang zu beleuchten, kann bei einer Lyrik-Interpretation sinnvoll sein.

Beispiele für poetologische Lyrik

  • Beispiele für poetologische Gedichte gibt es bereits seit der Antike, zum Beispiel die "Carmina" von Horaz. Auch viele bekannte Dichter wie Goethe, Brecht, Keller, Hölderlin, Heine oder Rilke haben Lyrik dieser Art verfasst.
  • Beispiel-Gedichte sind "Weise des Dichters" (1809) von Friedrich Schlegel, "Ein Wort" (1941) von Gottfried Benn oder "Auf einen chinesischen Theewurzellöwen" (1951) von Bertolt Brecht.
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