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Long-Distance-Beziehung: eine offene Partnerschaft als Lösung?

Internationale Paare leben oft nicht am gleichen Ort.
Internationale Paare leben oft nicht am gleichen Ort.
In Zeiten der Globalisierung und der geforderten Mobilität von Fach- und Führungskräften sowie junger Menschen, die daran partizipieren möchten, führen immer mehr Paare mittel- oder langfristig eine Fernbeziehung. Solch eine Long-Distance-Beziehung kann offensichtlicherweise vielerlei Schwierigkeiten und Herausforderungen mit sich bringen, ein offenes Beziehungsmodell gehört zu den neuen Tendenzen, die sie trotzdem ermöglichen können.

Ob das monogame, bürgerliche und in der Regel heterosexuelle Beziehungsmodell obsolet ist, kann wohl nicht allgemein beantwortet werden. Fest steht, dass es mehr und mehr infrage gestellt wird und nicht Hand und Hand mit veränderten Tendenzen auf dem Arbeitsmarkt und in der Gestaltung der Freizeit und der Lebensplanung geht. Insbesondere die geforderte Flexibilität und Mobilität an Fach- und Führungskräfte ebenso wie an beispielsweise Studierende führt dazu, dass immer mehr Paare mittel- oder langfristig eine Fernbeziehung führen. Manchmal sind diese Beziehungen befristet, oft jedoch ist nicht klar, wann ein Zusammenleben wieder möglich ist. Gerade bei langfristigen Fernbeziehungen können emotionale und sexuelle Frustration letztendlich zur Trennung führen, dazu trägt vor allem bei jungen Menschen der Fakt bei, dass ständig neue potenzielle Partner kennengelernt werden. Eine offene Beziehung kann, wenn sie auf gegenseitigem Einverständnis und gemeinsamen Grundsätzen beruht, helfen, eine solche Situation zu entschärfen.

Long-Distance- und offene Beziehung: Modelle, Ideale und Lebensrealitäten

Ob ein offenes Beziehungsmodell die richtige Alternative für Sie ist, hängt in erster Linie von Ihnen und Ihrem Partner beziehungsweise Ihrer Partnerin ab. Sie sollten sich beide klar darüber sein, was es bedeutet, in einer offenen Fernbeziehung zu leben, und beide Interesse daran und Lust darauf haben. Es geht genauso wenig darum, ein Auge zuzudrücken, wenn der Partner fremdgehen möchte, wie vom Partner Dinge zu erwarten, die man selbst nicht leisten kann. Nicht jeder Mensch möchte in einer offenen Beziehung leben, manche Menschen haben zwar Interesse daran, brauchen jedoch etwas mehr Zeit, andere probieren es aus und merken, dass es doch nicht das richtige Modell für sie ist - und das sollte respektiert werden, insbesondere vom eigenen Partner.

  • Grundsätzlich haben eine Fernbeziehung und eine offene Beziehung nichts miteinander zu tun. Es handelt sich bei beiden um ein vom gesellschaftlichen Standard abweichendes Beziehungsmodell. Obwohl die Umstände, die eine Fernbeziehung als einzige praktikable Option herausstellen, oftmals nicht gewählt oder aktiv geändert werden können, sollte die Entscheidung, eine Long-Distance-Beziehung einzugehen, trotzdem auf dem Einverständnis und der aktiven Wahl beider Partner erfolgen. Gleiches gilt für eine offene Beziehung, die unterschiedliche Gründe und Motivationen haben kann, trotzdem immer alle (beide Partner der Hauptbeziehung und alle Partner anderer "Verwicklungen") einbeziehen sollte und eine aktive Entscheidung und Wahl bedeutet.
  • Sowohl für Fernbeziehungen als auch für offene Beziehungen gibt es eine Reihe Modelle und Ideale, es gibt "Regeln", Erfahrungen von anderen, Empfehlungen und so weiter. Was jedoch für zwei oder mehr Menschen realisierbar, angenehm und lebenswert erscheint, können nur die beteiligten Menschen erfahren, fühlen und miteinander abstimmen. Ideale oder ein Standardwerk an Regeln hilft nicht, wenn sie an Lebensrealitäten scheitern.
  • Beziehungen können sich mit der Zeit verändern, Dinge können zu einem bestimmten Zeitpunkt richtig und angenehm erscheinen, später jedoch zu Konflikten oder Unwohlsein führen. Ganz gleich, für welches Beziehungsmodell Sie sich entscheiden, es ist wichtig, dass Sie eine offene, ehrliche Kommunikation aufrechterhalten.

Offene Fernbeziehung: Besonderheiten

Es ist schwierig, konkrete Vor- und Nachteile einer offenen Fernbeziehung zu benennen, so wie es unmöglich ist, zu beurteilen, ob sie besser ist als eine monogame Fernbeziehung oder eine offene Beziehung von Partnern in derselben Wohnung. Offensichtlich ist, dass eine offene Fernbeziehung aufgrund spezifischer Situationen, Umstände und Konstellationen ganz eigene Herausforderungen mit sich bringt.

  • Eine monogame Fernbeziehung kann, insbesondere wenn sich die Partner über einen sehr langen oder sogar unbefristet langen Zeitraum nicht sehen können, dazu führen, dass sexuelle (und emotionale) Frustration auftritt, die letztendlich häufig zur Trennung führen kann. Für viele Partner ist deshalb eine langfristige Trennung überhaupt nicht denkbar. Die Beziehung zu öffnen, kann die Partnerschaft bereichern und "auffangen", indem ihr gegeben wird, was fehlt. Dass dies jedoch nur dann möglich ist, wenn beide und auch alle anderen beteiligten Partner sich aktiv für diese Öffnung entscheiden und sich darüber bewusst sind, was sie impliziert, steht nicht infrage.
  • Die Beziehung auch für andere, neue Partner zu öffnen, kann eine Menge Druck von den Partnern nehmen: Es ist vielleicht nicht mehr so schlimm, wenn sie doch keine Zeit finden, zurückzureisen, es ist nicht schlimm, wenn lange kein Sex miteinander möglich ist, der Partner ist nicht dem Stress ausgesetzt, nach längerer Zeit, völlig gesund, aktiv, ausgeruht und voller sexueller Lust (was insbesondere nach geschäftlichen Reisen nicht immer möglich ist) zurückzukehren. Der Fokus liegt nicht mehr so sehr auf einer Person, sodass auch die Anforderungen, die Erwartungen und letztendlich der Druck verringert werden.
  • Selbstverständlich wird der Partner nicht durch jemand anderen ersetzt. Der Partner wird weiterhin vermisst, Sex mit dieser bestimmten Person, Intimitäten, Kuscheln, Gespräche, bei denen man sich berühren kann. Hier kommt Eifersucht ins Spiel: Was passiert, wenn eine intime Beziehung nicht mehr exklusiv ist? Nun ja, Sie gehen ja auch mit anderen Freunden oder Kollegen zum Fußballspiel, im Restaurant essen oder ins Kino. Der eine Kollege mag Actionfilme nun mal lieber als die Freundin, die Cousine ist auch Fußballfan, während der Ehemann lieber surfen geht. Auch Sex, ein romantisches Treffen, Intimitäten und so weiter sind Aktivitäten, die man durchaus mit mehr als einer Person teilen kann, ohne dass diese Personen erstens weniger davon haben, denn es gibt keine Verknappung und keinem wird etwas weggenommen, und zweitens ohne, dass die Partner miteinander verglichen und gegeneinander ausgespielt werden. Nur weil Claus kein Fußball mag, ist Peter nicht der bessere Freund. Beide haben ihre Qualitäten und Interessen, mit dem einen geht man Pferde stehlen, mit dem anderen Friedenspfeife rauchen. Und wenn mal beide keine Zeit haben, hat vielleicht Rüdiger Lust, etwas zu unternehmen.
  • Exklusivität und Eifersucht sind große Themen in allen offenen Beziehungen und müssen zwischen den beteiligten Personen thematisiert werden. Nur wenn beide die gleiche Einstellung, das gleiche (gute) Gefühl haben, kann eine offene Beziehung erfolgreich sein. Eine offene Fernbeziehung lässt diese Schwierigkeiten noch in einem etwas anderen Licht erscheinen: Während Partner, die gemeinsam eine Wohnung teilen, jeden Tag beziehungsweise verhältnismäßig oft die Möglichkeit haben, sich gegenseitig "rückzuversichern", das heißt, sich durch Rituale, intime Momente et cetera wieder nahezukommen und das Band zwischen ihnen zu festigen, können Partner, die weit entfernt voneinander leben, eben dieses nicht. Hier müssen andere Möglichkeiten der Bindung und Rückversicherung gefunden werden, zum Beispiel besonders lange Gespräche, romantische Briefe, Videonachrichten und so weiter. Was für Rituale Sie mit Ihrem Partner einführen, ist Ihnen überlassen, die Erfahrung zeigt jedoch, dass es diese Rituale sind, die eine Bindung auch in einer offenen Fernbeziehung festigen und immer wieder erneuern.
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