Alle Kategorien
Suche

Shades of Grey und die Klassiker der erotischen Literatur

Erotische Literatur ist nicht jedermanns Sache, aber spannend.
Erotische Literatur ist nicht jedermanns Sache, aber spannend.
Das Buch Shades of Grey hat für viele Diskussionen gesorgt. Dabei ist es nicht das erste Buch der erotischen Literatur, das die Gemüter erhitzt. Es ist auch kein Klassiker und ob es den Vergleich zur erotischen Weltliteratur standhält, ist fraglich.

Shades of Grey - ein potenzieller Klassiker?

Der Roman "Shades of Grey", im Original "50 Shades of Grey", von E. L. James wurde zu einem großen kommerziellen Erfolg und damit zu einem Bestseller. Trotzdem bekam es durchweg schlechte Kritiken. Was kennzeichnet diese Reihe aus drei Büchern?

  • Die Ich-Erzählerin schreibt durchweg im Präsens. Das ist ungewöhnlich, da man eine Geschichte grundsätzlich in der Vergangenheit erzählt. Sie können Dinge nur erzählen, wenn Sie diese bereits erlebt haben, nicht währenddessen.
  • Erzählperspektive und das Präsens sollen die Leser direkter ansprechen und mehr in die Geschichte integrieren. Das funktioniert auch. 
  • Die Wortwahl ist unkompliziert und die Autorin wählt kurze Sätze. Dies erzeugt künstlich eine Schnelligkeit, in der die Geschichte so gar nicht stattfindet. Auch dadurch wird der Leser in die Handlung gezogen. 
  • Die gewählten Mittel lesen sich schnell und leicht, sodass dem Leser nicht sofort auffällt, dass kaum eine Handlung vorhanden ist. Auch spannende Elemente gibt es eher nicht.
  • Die Leser werden durch ihre eigene Neugier weiterlesen, da von ungewöhnlichen, eher brutalen, erotischen Praktiken die Rede ist. Doch diese passieren erst am Ende der Geschichte und bleiben auch bei dem, was man landläufig bereits gehört oder sogar in Tatort-Krimis schon gesehen hat.

Fazit: Das Zeug zum Klassiker der erotischen Literatur hat der Roman Shades of Grey definitiv nicht. Ob die Verfilmung des Stoffs, die Anfang 2015 in den Kinos erscheinen soll, Chancen hat, ein Kinoklassiker zu werden, bleibt fraglich. Ein kommerzieller Erfolg scheint allerdings auch dem Film sicher zu sein.

Klassiker der erotischen Literatur - eine Auswahl

Die wichtigsten Schriftsteller der erotischen Weltliteratur sollten Sie kennen. Deshalb finden Sie hier eine Liste von Autoren und eine Kurzbeschreibung des jeweils bekanntesten Werks. Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Eine Liste weitere Titel und Autoren, die Sie kennen sollten, finden Sie weiter unten in diesem Artikel. 

Mallanaga Vatsyayana: Das vollständige Kamasutra (Indien, ca. 250-300 n. Chr.)

  • Es ist unklar, ob Vatsyayana oder Mallanaga der Vorname dieses indischen Schriftstellers ist. Bei den Recherchen waren beide Varianten zu finden.
  • Das Buch ist weltweit den meisten Erwachsenen bekannt, auch wenn viele den Inhalt nicht kennen. Die Frage, ob es zur Literatur gehört, muss gestellt werden, da es sich um eher um einen beschreibenden Ratgeber handelt.
  • Es werden verschiedene Positionen und Techniken beschrieben, mit Tipps, wie Sie Ihr Liebesleben gestalten sollten.

Giacomo Casanova: Memoiren - Die Geschichte meines Lebens (Italien, ca. 1785)

  • Ein Riesenskandal, da Signore Casanova sich keinen Deut darum scherte, ob seine Angebetete bereits vergeben, versprochen und/oder verheiratet war, oder nicht. 
  • Casanova liebte alle Frauen, ungeachtet des Alters, des Aussehens und der gesellschaftlichen Stellung der Damen. Da er der Legende nach seine jeweilige Favoritin immer erobern konnte, eilt ihm bis heute der Ruf nach, ein Frauenversteher gewesen zu sein.
  • Ob die Geschichten alle so stimmen, könnten Sie bezweifeln. Giacomo Casanova war hauptberuflich ein Schriftsteller und Abenteurer aus Venedig. Er nahm einfach seinen Familiennamen und machte "Casanova" zu einer Figur in seinen Geschichten. So entstanden auch die sogenannten Memoiren, die vielleicht frei erfunden sind. Allein diese Legende macht es spannend, das Buch zu lesen. 

D.H. Lawrence: Lady Chatterleys Liebhaber (England, 1928)

  • Lady Constanze Chatterley wird jung an einen nicht viel älteren intellektuellen Offizier, Sir Clifford Chatterly, verheiratet, der aber nach den Flitterwochen in den 1. Weltkrieg ziehen muss. Er kommt verwundet, gelähmt und impotent im Rollstuhl aus dem Krieg zurück und wird Schriftsteller.
  • Sie erträgt die geistige Enge in ihrer Ehe und in ihrem Haus nicht und lässt sich auf eine Liebelei mit einem Schriftsteller ein, der Gast in ihrem Hause ist. Dadurch wird ihr bewusst, wie sehr sie körperliche Liebe braucht. Sie engagiert eine Pflegerin für ihren Mann, um ihm nicht mehr nahe sein zu müssen.
  • Der neue Wildhüter ist das komplette Gegenteil zu ihrem vergeistigten Ehemann, denn er ist sehr aktiv, männlich, gesund und lebendig. Zwischen beiden besteht von Beginn an eine erotische Anziehung, die irgendwann in einer heißen Liebesgeschichte endet. 
  • Die Geschichte spitzt sich zu, da auch der Wildhüter verheiratet ist und Constanze schwanger wird. 

Pauline Réage: Die Geschichte der O. (Frankreich, 1954)

  • Pauline Réage ist das Pseudonym der Autorin Anne Desclos, die auch unter einem weiteren Pseudonym als Dominique Aury bekannt war. Sie wählte Pseudonyme, weil ihr bewusst war, dass ihre erotischen Geschichten Skandale auslösen werden. 
  • Die Geschichte der O. ist einer der bekanntesten erotischen und sadomachistischen Romane der Welt, der für lange Zeit einen großen Skandal auslöste. Er gilt zudem als einer der einflussreichsten Romane der erotischen Literatur.
  • Die Protagonistin verliebt sich, ähnlich der Hauptfigur in "Shades of Grey" (engl. "50 Shades of Grey"), in einen Mann, der sie zu seiner Sub ausbildet. Sie lässt sich aus Liebe ausbilden und hat keine Probleme mit der Unterwerfung. Dabei sind die geschilderten Szenen wesentlich heftiger als im Roman von E.L. James. Die Geschichte wird aus der Perspektive der O. erzählt, doch sie bewertet und verurteilt ihre Gedanken, Emotionen und Handlungen nicht.
  • Aus der freiwilligen Unterwerfung wird ihr ihre Macht bewusst. Da sie ihre Unterwerfung und die Realität voneinander zu trennen weiß, wird sie selbstbewusster und gewinnt an innerer Stärke.
  • Was diesen Roman zu echter erotischer Literatur macht ist, dass die Autorin in ihrer Sprachwahl und dem Erzählstil stets im Stil der zeitgenössischen französischen Literatur bleibt. Die Wortwahl ist niemals obszön oder vulgär.

Marguerite Dumas: Der Liebhaber (Frankreich, 1984)

  • Die Geschichte spielt Ende der 20-er/Anfang der 30-er Jahre in Indochina, das damals französische Kolonie war. Heute ist es Vietnam.
  • Eine 15-jährige Schülerin, Tochter französischer Eltern, wächst in der Kolonie Indochina auf und lernt den 12 Jahre älteren Sohn eines reichen Chinesen auf einer Fähre kennen. Er hat sie entdeckt und verfolgt sie anschließend über Tage, bis sie einwilligt, sich mit ihm zu treffen.
  • Von da ab treffen sie sich regelmäßig und schließlich verführt er sie zu ihrem ersten Mal. Sie verlieben sich und genießen gemeinsame Nachmittage im Bett - ohne je über Liebe zu reden oder sich Gefühle einzugestehen.
  • Schließlich müssen sie sich aus gesellschaftlichen Gründen trennen. Sie wird zurück nach Europa geschickt. Vergessen haben sie sich nie. Eine in großen Teilen wahre Geschichte, basierend auf den Erlebnissen der Autorin.

Benoîte Groult: Salz auf unserer Haut (1988)

  • Zwei Jugendliche lernen sich in Irland in den Sommerferien kennen. Sie ist bei Verwandten zu Gast, er ein Bauernsohn in der Nachbarschaft.
  • Sie verlieben sich und treffen sich heimlich in einer Höhle am Strand. Es ist für beide die erste große Liebe und das erste Mal. 
  • Auch spielt der Standes- und Bildungsunterschied eine große Rolle. Sie muss ihn verlassen, als ihre Ferien zu Ende sind.
  • Sie treffen sich ihr Leben lang immer wieder, eine lebenslange Affaire. Allerdings in Abständen von einigen Jahren - ungeachtet der jeweils vorhandenen Beziehungen und Ehen.

Merkmale der erotischen Klassiker

  • Die meisten Protagonisten verlieben sich entgegen aller Regeln. Die erotische Spannung wird durch die Vorgeschichten aufgebaut, die meistens eine problemlose Liebesgeschichte unmöglich erscheinen lassen.
  • In dem Aufbau der Erotik, die immer wieder in detaillierte Beschreibungen der körperlichen Begegnungen mündet, liegt die eigentliche Spannung. Durch die Probleme der Protagonisten sind die jeweiligen Affairen gefährlich und können gesellschaftliche Stellungen, bestehende Ehen und andere existenzielle Sicherheiten gefährden.
  • Die Sprache wird in den meisten Fällen nicht vulgär. Die geschickte Wortwahl und Beschreibung der Szenen fordert deshalb die Fantasie der Leser umso mehr.
  • Die beiden Hauptpersonen sind besessen voneinander, das erotische Verlangen ist nie einseitig. Gelegentlich muss die weibliche Figur besonders ausgiebig umworben werden, was die Spannung hinauszögern und erhöhen soll. Manche Affairen beginnen schnell, enden vorübergehend, nur um dann erneut aufgenommen zu werden. 
  • In den seltensten Fällen gehen die Liebesgeschichten der erotischen Literatur gut aus. In den meisten Fällen scheitern die Protagonisten an gesellschaftlichen Problemen.

Weitere Titel und Autoren erotischer Klassiker

  • Marquis de Sade: Die Philosophie im Boudoir (Frankreich, 1795). Ein weiterer sehr heftiger, erotischer Roman, der den Sadomasismus überhaupt erst in die Literatur einführte. Der Marquis de Sade soll seine eigenen Erlebnisse im Schlafzimmer notiert und veröffentlicht haben. Ob das so wahr ist oder ob er sich die Geschichten ausgedacht hat, bleibt im 21. Jahrhundert fraglich. Er wäre nicht der erste Autor, der mithilfe von heftigen Skandalen Berühmtheit erlangte. Der Begriff für die grausamen und brutalen Sexualpraktiken wurde von seinem Familiennamen abgeleitet.
  • Anaïs Nin: Das Delta der Venus (1977). Ein Roman, der aus den verschiedenen Tagebuchnotizen der Autorin entstanden sein soll. Sie hatte unter anderem eine Affaire mit Henry Miller und dessen Frau June.
  • Henry Miller: diverse Werke, wie: Wendekreis des Krebses (1934), Wendekreis des Steinbocks (1939), Sexus (1949), Plexus (1953), Nexus (1960). Henry Miller erzählt vorrangig aus der Ich-Perspektive, im Tagebuchstil - und seine erotischen Romane sollen, wie bei den meisten anderen Autoren, auf seinen persönlichen Erlebnissen basieren. In den U.S.A. und in Großbritannien waren seine Bücher lange verboten.
  • Vladimir Nabokov: Lolita (1955). Eine besondere Geschichte, da Lolita minderjährig ist - somit geht es um eine pädophile Handlung und rein rechtlich betrachtet um sexuellen Missbrauch. Der Name der weiblichen Hauptfigur "Lolita" wird bis heute mit einem sehr frühreifen, verführerischen Mädchen gleichgesetzt.
Teilen: