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Betreutes Wohnen über das Jugendamt beantragen - so geht's

Manchmal der letzte Ausweg: Betreutes Wohnen
Manchmal der letzte Ausweg: Betreutes Wohnen © S. Hofschlaeger / Pixelio
Es kann eine Lösung der Probleme sein, über das Jugendamt "betreutes Wohnen" zu beantragen, wenn die Eltern dem Kind oder das Kind seinen Eltern nicht mehr zuzumuten ist. Dies stellt aber nur den allerletzten Ausweg dar und der Weg dahin ist steinig.

Was Sie zuerst wissen sollten

Wenn Sie über die Möglichkeit einer betreuten Wohneinrichtung als Unterkunft nachdenken, sollten Sie einige Dinge wissen:

  • Ein Platz im betreuten Wohnen kostet pro Monat je nach Einrichtung 4.000,- bis 7.000,-€.
  • Wenn die Eltern über ausreichendes Einkommen verfügen, müssen diese sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten an den Kosten beteiligen.
  • "Betreutes Wohnen" gehört zu den "Hilfen zur Erziehung", die im SGB IIIV geregelt sind. Es gibt noch wesentlich mehr mögliche Hilfeformen, die erst einmal das Kind in der Familie belassen. Allein wegen der Kosten wird das Jugendamt meist erst einmal versuchen, mit anderen Hilfeformen das Problem zu lösen.
  • Das Jugendamt hilft immer dann, wenn eine Kindeswohlgefährdung zu befürchten ist. Meinungsverschiedenheiten zwischen Eltern und Kind reichen in aller Regel nicht aus.
  • Wenn das Kind bis zu seinem 18. Geburtstag noch keine "Jugendhilfe" bekommen hat, ist das Jugendamt nicht mehr zuständig. Eine Unterbringung im betreuten Wohnen ist dann rein rechtlich nicht mehr möglich.

Wenn Sie den Weg gehen wollen, dann beginnt es mit der Frage, ob das Kind oder die Eltern eine Unterbringung in einer betreuten Wohneinrichtung wünschen. Danach richtet sich die sinnvollste Vorgehensweise.

Wenn das Kind in ein betreutes Wohnen will

Wenn Sie das Kind sind und es zu Hause einfach nicht mehr aushalten, führt kein Weg an einem ersten Gespräch beim Jugendamt vorbei.

  1. Finden Sie die Telefonnummer des Sachbearbeiters heraus, der für Sie zuständig ist. Die Abteilung dafür heißt beim Jugendamt meistens "Allgemeiner Sozialdienst".
  2. Rufen Sie den Sachbearbeiter an und bitten Sie um einen Gesprächstermin. Am Telefon brauchen Sie Ihr Problem noch gar nicht schildern.
  3. Im Gespräch mit dem Sachbearbeiter erklären Sie die Situation bei sich zu Hause. Übertreiben Sie dabei nicht und erzählen Sie keine Unwahrheiten - der Sachbearbeiter wird auch mit Ihren Eltern reden, um deren Sicht der Dinge zu erfahren.
  4. Nun wird der Sachbearbeiter Sie und Ihre Eltern zu Hause besuchen und erst einmal klären, wie schlimm die Situation wirklich ist. Ohne das Gespräch mit den Eltern geht es nicht.
  5. Auch wenn das Kind sich an das Jugendamt wendet - am Ende sind es immer die Eltern, die eine Unterbringung in einem betreuten Wohnen beantragen müssen. Nur in Fällen, in denen das Kind misshandelt wird, geht es auch ohne den Antrag der Eltern.

Wenn die Eltern ein betreutes Wohnen wollen

  1. Finden Sie die Telefonnummer des Sachbearbeiters heraus, der für Sie zuständig ist. Die Abteilung dafür heißt beim Jugendamt meistens "Allgemeiner Sozialdienst".
  2. Rufen Sie den Sachbearbeiter an und vereinbaren Sie einen Termin dort. Gehen Sie erst einmal ohne Ihr Kind dort hin und schildern Sie die Probleme, die es gibt. Erklären Sie auch, was Sie bereits unternommen haben, um die Probleme mit Ihrem Kind zu lösen.
  3. Der Sachbearbeiter wird auch mit Ihrem Kind reden wollen. Vereinbaren Sie einen Termin bei sich zu Hause. Hier gilt: Das ist keine Showveranstaltung, um dem Sachbearbeiter zu zeigen, wie schlimm doch alles ist. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Kind dann tatsächlich anwesend ist.

Wenn das Jugendamt Hilfe für erforderlich hält

Wenn der Sachbearbeiter der Meinung ist, dass das Kind und die Eltern wirklich Hilfe brauchen, wird er das sogenannte "Hilfeplanverfahren" einleiten. Dies läuft immer gleich ab - ganz egal, wer das Jugendamt auf den Plan gerufen hat.

  1. Es wird vermutlich zunächst mehrere Kontakte des Sachbearbeiters mit Kind und Eltern geben. Dabei wird vielleicht auch erst einmal der Besuch einer Erziehungsberatungsstelle oder die Vorstellung beim Kinderarzt empfohlen.
  2. Wenn tatsächlich "Jugendhilfe" (also eine konkrete Maßnahme) erforderlich ist, dann wird der Sachbearbeiter den Eltern nahelegen, einen Antrag auf "Hilfe zur Erziehung" zu stellen. Das ist die Voraussetzung für ein Hilfeplanverfahren.
  3. Nach den Vorgesprächen wird eine "Hilfeplankonferenz" einberufen. Daran nehmen neben den Eltern, dem Kind und dem Sachbearbeiter auch die Menschen teil, die über die Gelder zu entscheiden haben, die ausgegeben werden sollen.
  4. In der Hilfeplankonferenz wird eine Hilfe festgelegt. Betreutes Wohnen ist dabei nur eine von vielen Möglichkeiten, wie z. B. Erziehungsbeistandschaft, Familienhilfe, Erziehungsberatung etc.
  5. Zunächst wird ein betreutes Wohnen vermutlich nicht bewilligt. Erst wenn andere Versuche scheitern, dem Kind zu helfen, wird in einer weiteren Hilfeplankonferenz festgelegt werden, dass das Kind nun tatsächlich im betreuten Wohnen leben soll. Und das ist auch gut so - kein Kind oder Jugendlicher hat nicht irgendwann eine sehr große Sehnsucht, wieder zu Hause zu wohnen - auch wenn es dort vielleicht vorübergehend nicht so schön war. Es gibt nichts, was die Eltern wirklich ersetzen kann.

Bitte bedenken Sie zuletzt, dass es um das Wohl des Kindes geht. Ob es durch das Ausquartieren in ein betreutes Wohnen ein besserer Mensch wird, ist in den meisten Fällen eher nicht zu erwarten. Es ist häufig eine Problemverlagerung, keine Problemlösung.

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