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Scheidung im Trennungsjahr beantragen - was Sie beachten sollten

Viele Paare meistern das Trennungsjahr in der gemeinsamen Wohnung wegen der Kinder.
Viele Paare meistern das Trennungsjahr in der gemeinsamen Wohnung wegen der Kinder.
Die Scheidungsraten sind gestiegen. Doch wer den Entschluss fasst, sich endgültig zu trennen, muss irgendwie die Zeit bis zur Scheidung meistern. Denn nur in ganz wenigen Fällen wird eine Ehe sofort geschieden. Meist ist das Trennungsjahr zu absolvieren, das oft mit Streit um Kleinigkeiten, die gemeinsame Wohnung bzw. das gemeinsame Haus einher geht. Lesen Sie hier, was Sie beim Beantragen der Scheidung beachten müssen.

Was Sie benötigen:

  • separates Konto
  • Mietvertrag
  • Geburtsurkunde
  • Eheurkunde

Scheidung ohne Trennungsjahr nur im Härtefall möglich

Wer sich scheiden lassen will, muss im Normalfall seit mindestens einem Jahr getrennt leben und das Trennungsjahr erfolgreich gemeistert haben. Es gibt jedoch eine Ausnahme: Das Trennungsjahr kann Scheidungswilligen erspart werden, wenn laut § 1565 II BGB die sogenannte Härtescheidung greift. Hierfür müssen von einem Ehepartner unzumutbare Voraussetzungen ausgehen, die eine sofortige Beendigung der Ehe erfordern. Das subjektive Empfinden eines Ehegatten oder Vermutungen zählen hierbei jedoch nicht. Allein die Fakten entscheiden, ob die Bestimmungen der Härtescheidung im besonderen Fall greifen. Eine Scheidung ohne Einhaltung des Trennungsjahres ist in folgenden typischen Fällen möglich:

  • Es liegt eine sogenannte Fehlehe vor, weil die Ehe von Anfang an als gescheitert zu bewerten ist.
  • Die Ehepartner gingen eine sogenannte Scheinehe ein, damit ein ausländischer Bürger die nötige Aufenthaltserlaubnis zum Verbleib in Deutschland erhält. 
  • Extremer Alkoholmissbrauch eines Partners macht das Zusammenleben bzw. den Fortbestand der Ehe unzumutbar.
  • Die Ehegattin ist von einem anderen Mann schwanger, zu dem sie eine außereheliche Beziehung unterhält.
  • Ein Ehegatte übt Gewalt gegenüber dem anderen Ehegatten oder den Kindern aus, äußert massivste Mord- bzw. Gewaltandrohungen.
  • Ebenfalls mögich ist eine Härtefall-Scheidung bei erwiesener Vergewaltigung und sexueller Nötigung oder kinderpornografischen Handlungen. Der pure Verdacht reicht hierfür jedoch nicht aus.

Glauben Sie, dass in Ihrem Fall die Härtescheidung greift, sollten Sie sofort einen Anwalt einschalten, der die nötigen Anträge beim Familiengericht stellt und die Scheidung in die Wege leitet.

Wer darf die Scheidung beantragen?

  • Wer die Voraussetzungen für eine Härtescheidung nicht erfüllt, muss irgendwie das Trennungsjahr erfolgreich gemeistert haben. Dann reicht es schon, wenn ein Partner die Scheidung beantragt und der andere Ehegatte der Scheidung zustimmt.
  • Beantragen Sie die Scheidung und Ihr Ehepartner verweigert die Zustimmung oder Sie haben das Trennungsjahr gar nicht hinter sich gebracht, gilt die Ehe erst nach drei Jahren als gescheitert und wird auch dann erst rechtskräftig geschieden.
  • Allerdings besteht bei der Scheidung Anwaltszwang - und zwar für den scheidungswilligen Ehegatten. Der Antrag hierzu muss über einen Anwalt beim Familiengericht eingereicht werden samt aller nötigen Unterlagen (z.B. Geburts- und Eheurkunde, Verdienstbescheinigungen). Wollen Sie sich aus Kostengründen einen gemeinsamen Anwalt nehmen, ist das durchaus ratsam und z.B. über eine Online-Scheidung auch schnell praktizierbar, wenn die Scheidung unstrittig ist.

Scheidung beantragen - Trennungsjahr innerhalb der gemeinsamen Wohnung

Kann oder will kein Partner aus der gemeinsamen Wohnung oder dem gemeinsamen Haus ausziehen, müssen Sie das Trennungsjahr in der Wohnung schaffen. Vorher ist es nicht möglich, die Scheidung zu beantragen. Doch Sie müssen während des Trennungsjahres wirklich „getrennt von Tisch und Bett“ leben. Das bedeutet für Sie während des Trennungsjahres vor allem Folgendes:

  • Sie haben während des Trennungsjahres keine gemeinsamen Schlaf- und Lebensräume.
  • Ordnen Ihre Lebens- und sonstigen Haushaltsmittel so, dass jeder nur über seine Sachen verfügt.
  • Zahlen Sie während des Trennungsjahres die Miete je zur Hälfte (Achtung! Vermieter informieren, Überweisungsauftrag ändern) oder überweisen die Hausraten getrennt bzw. schließen einen Vertrag und ein Partner zahlt dem anderen nachweisbar (Bankbelege sichern) seinen Kostenanteil.
  • Nutzen Sie Nebenräume (z.B. Hobbyraum) getrennt oder überlassen diese dem Partner. Achtung! Das erhöht seinen Mietanteil.
  • Oft ist es so, dass ein Partner stur bleibt und einfach nicht auszieht - obwohl oder gerade, weil ein gemeinsames Kind existiert. In diesem Fall können Sie beim Gericht die Zuweisung der Wohnung während des Trennungsjahres für eine Partei beantragen. Meist wird sie dem zugesprochen, der auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht erhält.
  • Psychoterror, Misshandlung und Sachbeschädigung durch einen Ehegatten machen das Trennungsjahr oft unerträglich. Dann kann das Gericht die Wohnung gerecht „aufteilen“ und z.B. das Wohnzimmer dem Mann zuordnen, das Schlafzimmer erhält die Frau.
  • Ist die Ehe kinderlos und beide sind berufstätig bzw. sozial gleichrangig, entscheidet das Gericht, wem die Wohnung zugesprochen wird. In einer Sozialprognose analysiert das Gericht, wer bessere Wohnungschancen hat. Wer leichter eine neue Wohnung findet, muss ausziehen.
  • Bekommen Sie die Wohnung, erhält Ihr Ehepartner meist nur ein Wohnrecht und wird beauflagt, sich eine Wohnung zu suchen. Lässt er sich mit der Wohnungssuche zu viel Zeit, doch Sie wollen mit dem neuen Partner zusammenleben, können Sie ein Räumungsverfahren beantragen und ihm eine Wohnung nachweisen. Melden Sie die Adresse und die Mietkonditionen dem Gericht.
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