Haben Sie sich auch schon einmal gefragt, warum sich Promis auf der Wiesn in einer Abwandlung, angelehnt an die bayrische Landestracht, präsentieren? Ohne Dirndl und Lederhose scheint es nicht zu gehen. Selbst Teenager, die sonst auf alles, was mit Tradition zu tun hat, verächtlich herunterblicken, stolzieren mit ihrem extra für die Wiesn gekauften Dirndl oder einer mehr oder weniger feschen Lederhose umher. Was könnten dafür die Gründe sein?
Die Ursprünge des Dirndl
- Die Dirndl, die heute von Promis und Besuchern der Wiesn so stolz getragen werden, haben nichts mit der eigentlichen Volkstracht gemein. Ein neuer Brauch kennzeichnet dies besonders deutlich: die Stelle, an der die Schleife gebunden wird. Seitlich links soll heißen, dass die Dame noch nicht vergeben ist. Seitlich rechts bedeutet, die Trägerin ist in festen Händen. Vorne in der Mitte verdeutlicht, dass es sich um eine Jungfrau handelt, und wird die Schleife hinten im Rücken gebunden, ist die Trägerin verwitwet.
- Nun hatten "echte" Trachten solch eine Kennzeichnung nicht nötig, da die Art der Kleidung bereits alles aussagte. Eine verheiratete Frau trug ein anderes Dirndl als eine unverheiratete. Die Tracht der verheirateten Frau wird als "Schalk" bezeichnet. Sie unterscheidet sich hauptsächlich darin, dass das Oberteil aufwendig verziert ist und genau wie der Rock aus schwarzer Seide besteht. Die Schürze ist farbig und teilweise mit einem Blumenmuster verziert. Die ledigen Damen tragen ein weißes Mieder und darunter weiße Wäsche. Die Schürze und das Miedertuch sind ebenfalls weiß, zudem hat dieses um die Schultern gelegte Tuch Fransen. Die Schürze wird immer hinten in der Mitte gebunden.
- Die Geschichte des Dirndl begann so um 1880 bis 1890. Dabei handelte es sich um ein billiges Arbeitsgewand für die Mägde. Die Bäuerinnen selbst wären damals mit Sicherheit nicht auf die Idee gekommen, sich im Dirndl auf einem Fest zu zeigen - zumal das erste Oktoberfest bereits im Jahr 1810 stattfand, lange, bevor das Dirndl "erfunden" wurde. Im Gegensatz zu einer Magd trug eine Bäuerin auch kein Dirndl, da es sich um das "Arbeitsgewand" der Mägde handelte.
- Erst, als sich München um die Olympischen Sommerspiele 1972 bewarb, stand dem Durchbruch des Dirndl, wie Sie es heute kennen, nichts mehr im Weg. Denn die Münchner wollten ein Symbol für ihre Stadt und da bot sich die Verbindung zwischen bayrischer Tracht und Oktoberfest wunderbar an. Aus diesem Grund wurden alle Hostessen der Wiesn mit einem blau-weißen Dirndl ausgestattet. Eine von ihnen war Silvia Sommerlath. Diese junge Dame eroberte in ihrem Dirndl das Herz des schwedischen Thronfolgers. Sie wissen natürlich längst, dass von der späteren schwedischen Königin Silvia die Rede ist. Da sie damals durch ihr Kennenlernen des schwedischen Kronprinzen Carl Gustaf selbst in die Schlagzeilen geriet, verhalf sie dem Dirndl zu rasanter Berühmtheit. Der Durchbruch des einstigen Magd-Gewandes war endgültig geschafft.
Jedes Jahr im September und Oktober wird in München das Oktoberfest gefeiert. Waschechte …
Und die Lederhose?
- Die Lederhose blickt auf eine längere Geschichte zurück. Bereits zu Zeiten des Rokoko trugen die adligen Herren eine Lederhose, so ähnlich, wie Sie sie heute auf der Wiesn oder sonstigen Festen sehen. Der Durchbruch erfolgte jedoch erst nach dem Ersten Weltkrieg, als die alpinen Gäste begeistert den neuen modischen Trend aufnahmen und sich scharenweise mit Lederhosen eindeckten.
- Als dann auch noch berühmte Persönlichkeiten wie etwa Ludwig Ganghofer oder Ludwig Thoma die praktischen Hosen außerhalb der bayrischen Grenzen trugen, war der Erfolg der Hose nicht mehr aufzuhalten.
- In einigen Alpenregionen wird die Lederhose heute noch als Alltagskleidung verwendet, allerdings besteht ein wesentlicher Unterschied zur "Wiesn-Lederhose" darin, dass es sich um handgefertigte Einzelstücke handelt. Sie werden maßgeschneidert und halten das ganze Leben.
Warum präsentieren sich Promis auf der Wiesn in Dirndl und Lederhose?
- Da der Hype um Dirndl und Lederhosen gigantische Ausmaße angenommen hat, würde ein Promi ohne die trachtenähnliche Kleidung wie ein Spielverderber dastehen. Beim Auflauf der echten Promis oder auch der Möchtegern-Promis wissen die Kameras in der Regel nicht, wen sie zuerst einfangen sollen.
- Also kommt derjenige ins Visier und auf die Titelblätter, der das schönste Outfit trägt - vorausgesetzt, alle benehmen sich beim Maßkrug-Stemmen. Fällt hier einer aus der Reihe, gehört ihm die Schlagzeile am nächsten Tag, allerdings mit einer negativen Berichterstattung.
- Das Dirndl und die Lederhose auf der Wiesn könnten also als PR-Eigenmaßnahme verstanden werden. Es wird symbolisiert, dass man dazugehört. Deswegen tragen vermutlich die meisten Menschen die bayerische Tracht.
Wiesn-chic - sehen und gesehen werden
- Das Oktoberfest ist ohne die Anwesenheit von Promis schier nicht denkbar. Was wäre ein Festzelt ohne Boris Becker, Giulia Siegel, Uschi Glas, Heino oder Patrick Lindner? So mancher Promi leiht sich für die Wiesn kurzerhand ein edles Designer-Dirndl aus, beispielsweise Mariella Ahrens. Damit beweist die Schauspielerin Stil und Geschmack, denn die Dirndl sind außergewöhnlich schön, einfach "Wiesn-chic".
- Ruth Moschner findet die Dirndl der Stardesignerin Lena Hoschek besonders attraktiv, während Simone Ballack auf die Dirndl-Kollektion von Astrid Söll steht.
- Die Dirndl von heute haben nichts mehr mit den damaligen Arbeitsgewändern zu tun. Sie sind bunt, teilweise schrill und unglaublich variabel in Farbe und Accessoires. Die einzige Voraussetzung ist das "Holz vor der Hütt'n". Sie können sich sicher sein, dass etliche weibliche Promis hier mit diversen Tricks und Kniffen nachhelfen.
- Aber auch die Herren geben einen feschen Anblick ab. Beispielsweise, wenn sich die Spieler des FC Bayern samt Vereinsverantwortlichen auf den Weg auf die Wiesn machen, hat jeder was zu schauen - die Damen achten auf die strammen Waderln, die Herren schauen, ob die Bluse der Dame richtig sitzt.
- Natürlich gibt es auch "skandalöse" Dirndl, beispielsweise freut sich Erotik-Model Micaela Schäfer bestimmt über erstaunte Blicke, wenn sie mit ihrem äußerst knappen Fast-Dirndl das Festzelt besucht. Das Oktoberfest ist ein Nährboden für verrückte Mode, traditionelle Gepflogenheiten und schrille Farben. Und je mehr "Oans, zwoa, gsuffa" gesungen wird, umso schöner wird das Outfit, welches vorher noch als zu knallig betitelt wurde. Gehen Sie hin, probieren Sie es aus, wer weiß, welcher Promi in was für einem Dirndl oder Lederhosen Ihnen über den Weg läuft? Das ist der Wiesn-chic, wie er leibt und lebt.
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