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Was ist Glasnost? - Eine Erklärung

Die wörtliche Übersetzung des Russischen гласность, transliteriert "Glasnost", meint nicht viel mehr als Offenheit. Genau jener Sinn ist es auch, in dem russischer Generalsekretär Gorbatschow den Ausdruck als Schlagwort für mehrere politische Umstrukturierungsmaßnahmen in der Sowjetunion der 80er Jahre nutzte.

Glasnost ermöglichte in der Sowjetunion Medienfreiheit.
Glasnost ermöglichte in der Sowjetunion Medienfreiheit.

Restriktion der sowjetischen Medien vor Glasnost und Perestroika

  • Die Geschichte der Sowjetunion ist geprägt von Unterdrückungen - sei es die Unterdrückung ethnischer Gruppen, die Unterdrückung von Sprachgemeinschaften oder die Unterdrückung von Künstlern, die Missstände innerhalb des Staates anzuklagen versuchten.
  • Als Staatsfeinde beschuldigt und in Zellen oder gar aus dem Staat verbannt wurden über Jahrhunderte revolutionäre Denker wie ukrainischer Autor Schewtschenko, wobei Repressionen und Bannungen solcher Menschen, die ihre Meinung kundtun wollten, sich auf dem Zeitstrahl der Sowjetunion genauso häufig finden, wie Morde an jenen, die medial Skandale aufdecken wollten. 
  • Das Monopol der wirtschaftlichen Führung lag während Sowjetzeiten bei der kommunistischen Staatspartei, genauso war dem Staat ein Medienmonopol inne. Freie Medien in jenem Sinne existierten nicht, nachdem allein über die Zensurenpolitik keinerlei Chance auf Medienfreiheit bestand.
  • Für den sowjetischen Durchschnittsbürger war durch die medialen Restriktionen ein Einblick in die verdeckte Staatsführung undenkbar. Bis Gorbatschow bei seinem Amtsantritt 1985 unter dem Motto der Schlagworte Glasnost und Perestroika, zu Deutsch: Umstrukturierung, das Vorhaben verkündete, das sowjetische Staatswesen zu einem für den einzelnen Bürger transparenteren, offeneren Konstrukt umzubauen. 

Ist "die Offenheit" Auslöser für den Zerfall der Sowjetunion?

  • Mit Gorbatschows Umstrukturierungsmaßnahmen wurde es den sowjetischen Medien zumindest von offizieller Seite her möglich, kritische Berichterstattungen über Politik und Gesellschaft der Sowjetunion zu realisieren. 
  • Bannungen von kritischen Schriftstellern, Journalisten, Wissenschaftlern und anderen Personen wurden wieder aufgehoben, die staatliche Bevormundung der Kirche wurde gelöst und kirchliche Gemeinschaften erhielten Handlungsfreiheiten zurück. Die neue Offenheitspolitik verhalf dem Osten auf eine Demokratisierung zu, wie sie wenige Jahre zuvor undenkbar gewesen wäre. 
  • Sowjetische Bürger erhielten durch Glasnost nun einen Einblick in die Lügen, die ihnen über Jahrzehnte hinweg gefüttert worden waren. Nachdem durch die Umstrukturierungsmaßnahmen nun auch friedliche Demonstrationen zugelassen waren, sammelten sie die Menschen und bauten einen ersten Widerstand auf, der das Sowjetregime schon bald ins Wanken geraten ließ.
  • Obwohl Gorbatschows Offenheitspolitik heute als einer der Faktoren bezeichnet werden kann, der das Sowjetregime schließlich stürzen ließ, war Gorbatschow das Ausmaß seines Vorhabens in keinster Weise bewusst. So hielt er eine Umstrukturierung für nötig, da sich die sowjetische Wirtschaft zur Zeit seines Amtsantritts am Boden sah, die Verselbstständigung, die seine Öffnungsmaßnahmen im Volk erfahren würden, war von ihm jedoch weder gewünscht, noch je geplant gewesen. 
  • Die sowjetischen Bürger erkannten ihre Macht, die Medien nutzten ihre neu gewonnene Freiheit und die sowjetische Staatsführung wurde nicht nur infrage gestellt, sondern bald schon als untragbar empfunden. Die atomare Katastrophe von Tschernobyl 1986 wird schließlich von vielen Seiten als einer jener Tropfen auf den heißen Stein bezeichnet, der die ohnehin schon ins Wanken geratene Sowjetunion endgültig Geschichte werden ließ.
  • Nachdem die Katastrophe von staatlicher Seite über Wochen hinweg so gut wie nur möglich vertuscht, abgeschwächt und als kontrollierbar beschrieben wurde, sah sich der Großteil der sowjetischen Bürger mit der schließlichen Erkenntnis über die wahre Situation nach dem Nuklearereignis in Glasnost- und Perestroika-Versprechungen, in Offenheitserklärungen und Transparenzzusicherungen betrogen und entrüstete Widerstände erreichten ein neues Ausmaß.
  • Der schließliche Zerfall der Sowjetunion wenige Jahre später und die Unabhängigkeitserklärungen einzelner Sowjetstaaten haben ihre Wurzeln mit Sicherheit nicht allein in Glasnost und Perestroika und doch kann zusammengefasst werden, dass Gorbatschows Umstrukturierungen die Auflösung des Regimes ungemein begünstigten. 
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