Ein Sanskritstudium ist kein Pappenstiel
Obwohl Sanskrit heute oftmals als "tote" Sprache gezeichnet wird und es auch tatsächlich keine Dörfer oder Gemeinden im modernen Indien gibt, in denen es zur alltäglichen Verständigung verwendet wird, spielt es nach wie vor eine wichtige Rolle in der hinduistischen Kultur. Bedeutende indische Epen wie das Ramayana und das Mahabharata sowie die bekannten religiösen Schriften des Hinduismus wie zum Beispiel die Bhagavadgita oder die Upanishaden wurden auf Sanskrit verfasst. Auch viele Zeremonien und Rituale basieren noch immer auf der Rezitation von Sanskritversen. Außerdem gab es und gibt es, insbesondere von hindunationalistischer Seite aus, Versuche und Bestrebungen einer erneuten Sanskritisierung beziehungsweise einer Wiederbelebung dieser Sprache. Dabei sollte allerdings nicht vergessen werden, dass es sich beim Sanskrit in Indien, ähnlich wie beim Latein in Europa, schon immer um eine Gelehrtensprache gehandelt hat, die nicht von der breiten Bevölkerung des Landes, sondern vorwiegend von den Brahmanen und Pandits, den religiösen Spezialisten und Gelehren des Hinduismus, gesprochen wurde. Wenn Sie Sanskrit als Europäer von Grund auf neu erlernen wollen, sollten Sie daher eine Reihe wichtiger Hinweise beachten.
- Einen echten Zugang zu einer antiken Gelehrtensprache wie Sanskrit zu erlangen, ist grundsätzlich etwas völlig anderes, als eine gesprochene europäische Sprache wie Englisch, Französisch oder Spanisch zu erlernen. Sie werden sehr viel Zeit und Kraft investieren müssen, um sich mit den komplexen grammatikalischen Regeln und dem gewaltigen Wortschatz vertraut zu machen.
- Insofern sollten Sie sich zu Beginn fragen, worum es Ihnen eigentlich genau geht. Genügt es Ihnen, die Devanagari-Schrift, die üblicherweise zur Verschriftlichung des Sanskrit verwendet wird, entziffern zu können oder wollen Sie tatsächlich selbst Sanskrittexte lesen und übersetzen? Das Erlernen der Schriftzeichen kann in wenigen Wochen oder Monaten bewältigt werden. In letzterem Fall wäre der Arbeitsaufwand dagegen erheblich größer.
- In jedem Fall können Sie davon ausgehen, dass Sie auch nach Jahren des Lesens und Lernens bei vielen Texten noch ein dickes Wörterbuch sowie ein grammatikalisches Wurzelverzeichnis benötigen werden, um Sinn und Bedeutung mancher Verse zu entschlüsseln. Selbst viele Indologieprofessoren sind beim Übersetzen noch oftmals auf solche Hilfsmittel angewiesen.
Hier lernen Sie die altindische Gelehrtensprache
Konkret gibt es im Wesentlichen drei verschiedene Möglichkeiten, die klassische Gelehrtensprache Indiens in Deutschland zu erlernen. Welche davon am besten für Sie geeignet ist, hängt sowohl von Ihrer Lebenssituation als auch von Ihrer Motivation ab. Unabhängig davon, für welche Variante Sie sich entscheiden, werden Sie mit etwas Geduld und der richtigen Einstellung aber in jedem Fall mit dem sprachlichen Reichtum und der Faszinationskraft des Sanskrit in Berührung kommen.
Latein im Selbststudium zu lernen, erfordert viel Fleiß und Disziplin, aber Sie erschließen sich …
- Wenn Sie sich ernsthaft für die indische Kultur und Religion interessieren und eventuell auch beruflich in diesem Bereich tätig werden wollen, ist wahrscheinlich ein Indologie-Studium die beste Wahl, um sich wirklich fundierte Sanskritkenntnisse anzueignen. Hier können Sie nicht nur das Vokabular und die grammatikalischen Regeln erlernen, sondern sich auch intensiv mit der Kultur und Geschichte befassen, was für ein umfassendes Verständnis der Texte oftmals unerlässlich ist. Eine der renommiertesten Studien- und Forschungseinrichtungen in diesem Bereich ist das Südasien-Institut der Universität Heidelberg.
- Wenn ein Studium für Sie nicht (mehr) infrage kommt und das Erlernen von Sanskrit für Sie ohnehin mehr einer Freizeitbeschäftigung als einem Berufsweg gleichkommen würde, ist einer entsprechender Anfängerkurs bei der nächsten Volkshochschule zu empfehlen. Hier können Sie zum Beispiel die richtige Aussprache von vielen Begriffen und Mantren erlernen und ein Verständnis dafür entwickeln, wie einzelne zentrale Begriffe und Sätze gebildet werden. Diese Möglichkeit bietet sich insbesondere auch für Yogalehrer an, welche die Sanskritbezeichnung zur Benennung der verschiedenen Übungen verwenden oder gerne verwenden würden.
- Schließlich gibt es noch die Möglichkeit des Selbststudiums mit einem geeigneten Lehrbuch wie zum Beispiel dem Werk "Sanskrit: A Complete Course for Beginners", welches zu der Buchreihe "Teach Yourself" des Verlags McGraw-Hill Companies gehört und von Michael Coulson, Richard Gombrich und James Benson verfasst wurde. Allerdings werden Sie jede Menge Disziplin und Ausdauer benötigen, um sich auf rein autodidaktische Art und Weise in die Gelehrtensprache einzuarbeiten.
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