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Konstruktives Misstrauensvotum - Definition

Parlamentarisches Misstrauen ja, aber nur konstruktiv
Parlamentarisches Misstrauen ja, aber nur konstruktiv
Das deutsche Grundgesetz ist aus den Erfahrungen der Vergangenheit entstanden und ist wegweisend. Zu seinen Besonderheiten gehört ein konstruktives Misstrauensvotum. Die Definition ergibt sich aus dem Grundgesetz.

Die Regierung ist dem Parlament gegenüber verantwortlich. Dementsprechend kontrolliert das Parlament die Regierung. Ohne die parlamentarische Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber dem Parlament wäre das parlamentarische System substanzlos.

Das Grundgesetz vermeidet ein konstruktives Scheitern

  • In der Weimarer Republik konnte das Parlament die Regierung ohne Weiteres abwählen. Die Folge war, dass der Staat führungslos war, und zwar mindestens so lange, bis das Parlament sich in der Lage sah, eine neue Regierung zu wählen. In Italien ist es ähnlich. Das damit verbundene Desaster ist augenscheinlich und in einem Zeitalter, in dem die Staaten miteinander eng verflochten sind, verantwortungslos.
  • Zu den Kontrollbefugnissen des Parlaments gehört vor allem ein Misstrauensvotum. Dieses war früher destruktiv, als die Regierung lediglich abgewählt wurde. Nach dem Grundgesetz muss es hingegen konstruktiv sein, da mit der Abwahl zugleich eine neue Regierung gewählt werden muss.

Definition findet sich in Art. 67 GG

  • Gemäß der Definition in Art. 67 Grundgesetz kann es dadurch ausgesprochen werden, dass der Bundestag der Bundesregierung in der Person des Bundeskanzlers das Misstrauen ausspricht. Zugleich ist der Bundestag aber verpflichtet, mit der Mehrheit der Abgeordneten einen Nachfolger zu wählen. Kann kein Nachfolger bestimmt werden, scheitert das Misstrauensvotum. Die Regierung bleibt im Amt.
  • Hierdurch wird vermieden, dass das Parlament die Regierung stürzt, ohne sich in der Lage zu sehen, sich auf die Bildung einer neuen Regierung zu einigen. Der Staat behält seine Führung. Gerade in Krisenzeiten kann dieser Umstand überlebenswichtig sein.

Zwei Fälle des Misstrauensvotums

  • Ein erstes erfolgloses konstruktives Misstrauensvotum gab es in den siebziger Jahren, als der Bundestag beantragte, Rainer Barzel anstelle von Willy Brandt zum Bundeskanzler zu wählen. Erfolgreich war der Bundestag, als der Bundeskanzler Helmut Schmidt durch ein konstruktives Misstrauensvotum von Helmut Kohl abgelöst wurde.
  • Voraussetzung ist, dass der Bundestag eine Mehrheit findet, um einen neuen Bundeskanzler zu wählen. Im Fall von Schmidt/Kohl war dies nur möglich, weil der Koalitionspartner der SPD, in diesem Fall die FDP, aus der Regierungskoalition mit der SPD ausscherte und mit der CDU unter Helmut Kohl eine neue Regierungskoalition bildete.
  • Die Parallele zum Misstrauensvotum ist das Recht des Bundeskanzlers, gegenüber dem Parlament die Vertrauensfrage zu stellen. Die Definition findet sich in Art. 68 GG. Weigert sich der Bundestag, dem Bundeskanzler das Vertrauen auszusprechen, kann der Bundeskanzler dem Bundespräsidenten vorschlagen, den Bundestag aufzulösen und Neuwahlen auszuschreiben. Diese Situation ist insoweit anders, als die Regierung auf eigene Initiative zurücktritt. Wer als Bundeskanzler keine Mehrheit hat, kann keine Regierungsarbeit leisten.
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