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Was sind Aleviten - eine Definition

Die Mehrzahl der Aleviten lebt in der Türkei.
Die Mehrzahl der Aleviten lebt in der Türkei. © Katharina_Wieland_Müller / Pixelio
Wohl fast jeder hat schon einmal den Begriff Aleviten gehört oder gelesen, viele wissen jedoch nicht, was sich hinter der Bezeichnung verbirgt. Manchen ist immerhin bekannt, dass Aleviten Angehörige einer bestimmten Religionsgemeinschaft sind.

Die Geschichte der Aleviten

Um die Geschichte der Aleviten zu erläutern, beginnt man am besten mit dem Tod des Propheten Mohammed im Jahr 632, denn dieser führte zum Streit über Mohammeds rechtmäßige Nachfolge. Aus diesem Streit gingen mehrere Gruppen, von denen die bedeutendsten die später sogenannten Sunniten und Schiiten waren, hervor. Somit war der Islam gespalten. Während die Schiiten die Meinung vertraten, die Nachfolger müssten Nachkommen aus der Familie des Propheten sein und deshalb für Mohammeds Vetter und zugleich Schwiegersohn Ali ibn Abi Talib als Nachfolger waren, vertraten die Sunniten, die in der Mehrheit waren, die Meinung, Nachfolger könne auch ein befähigter Heerführer aus dem Stamme Mohammeds, den Quraysh, sein, der jedoch durch einen Rat in einer Wahl bestätigt werden müsse. 

  • Die Religionsgemeinschaft der Aleviten bildete sich im 13./14. Jahrhundert in Anatolien konkret heraus, ihre Wurzeln gehen aber weiter zurück, denn ihre Angehörigen verehren - wie die Schiiten - Ali ibn Abi Talib. Man kann deshalb sagen, dass sich das Alevitentum, der Name bedeutet „Anhänger Alis“, im weiteren Sinne aus dem schiitischen Islam heraus entwickelte, jedoch auch Elemente verschiedener vorislamischer Religionen und der islamischen Mystik aufnahm.
  • In der Türkei sind die Aleviten nach den Sunniten die zweitgrößte Religionsgemeinschaft. Anhänger dieser Religion leben außerdem auch in Ägypten, Syrien, im Iran, im Irak und in Albanien. Bedingt durch häufige Emigration leben auch in Deutschland und in anderen europäischen Ländern zahlreiche Aleviten. 
  • Während die Aleviten in der Türkei nicht als religiöse Minderheit anerkannt sind und in den offiziellen Zählungen zu den Muslimen gerechnet werden, sehen sich viele Aleviten selbst nicht als Muslime. Bis in die vergangenen Jahre hinein kam es immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den Religionen und zu gewalttätigen Aktionen gegen die Aleviten.

Was sind die wesentlichen Elemente des alevitischen Glaubens?

Wie in vielen Religionen gibt es auch innerhalb des Alevitentums unterschiedliche Ausprägungen, die wesentlichen Elemente des Glaubens sind jedoch allen Aleviten gemeinsam.

  • Zentrales Element des Alevitentums ist die Verehrung Alis und der zwölf Imame, wobei Ali der erste der Zwölf war. Angefangen mit ihm und seinen Söhnen Hasan und Hussain, wird eine Reihe von zwölf Imamen angenommen, von denen elf im Streit um die Nachfolge Mohammeds ermordet wurden, der zwölfte soll im Verborgenen weiterleben und irgendwann wiederkehren. Die Verehrung Alis und der Imame haben die Aleviten mit den meisten Schiiten gemeinsam. Die zwölf Imame gelten als die einzigen legitimen Nachfolger Mohammeds, da sie als direkte männliche Nachkommen angesehen werden.
  • Ein weiteres sehr wesentliches Element des Alevitentums ist der humanistische Gedanke, dass  im Mittelpunkt der eigenverantwortliche Mensch steht, nicht die Dogmen.  
  • Weitere Glaubenselemente sind der Glaube daran, dass in jedem Menschen das Göttliche wohnt und dass die unsterbliche Seele durch die Erleuchtung die Vollkommenheit mit Gott anstrebt, Vorstellungen über ein Leben nach dem Tod spielen dabei keine große Rolle. Im Gegensatz zu Sunniten und Schiiten lehnen Aleviten die Scharia ab.

Wie der Glaube gelebt wird

Eine dogmatische Glaubensausübung und die wörtliche Auslegung des Koran wird von den Aleviten abgelehnt.

  • Anders als Sunniten und Schiiten beten Aleviten nicht in Moscheen. Sie treffen sich zum gemeinsamen Gottesdienst, der Cem − ins Deutsche übersetzt Versammlung − genannt wird im Cem-Haus. Dabei handelt es sich um eine Art Gemeindehaus. Der Gemeinde sitzt der Dede vor, dies kann auch eine Frau sein, die dann Ana genannt wird. Dede beziehungsweise Ana wird man durch Abstammung, dem Glauben der Aleviten zufolge handelt es sich um direkte Nachkommen Alis. Das fünfmalige Beten zu festgelegten Zeiten spielt für die Aleviten keine Rolle, Aleviten beten wann, wo, wie und so oft sie wollen.
  • Da Frauen dieselben Rechte und Pflichten wie Männer haben, findet auch die Religionsausübung gemeinsam statt.  
  • Der Ramadan spielt keine Rolle, die Aleviten haben ihre eigene Fastenzeit, die zwölf Tage dauert und im ersten Monat des islamischen Kalenders stattfindet.

Viel weiß man in Deutschland über die Aleviten, von denen verschiedenen Quellen zufolge etwa eine halbe Million im Land lebt, nicht. Die meisten Deutschen rechnen sie den Muslimen zu.

helpster.de Autor:in
Anna Adamsberg
Anna Adamsberg Als Lokaljournalistin mit einem tiefen Interesse an Büchern und Literaturwissenschaft widmet sich Anna gerne Themen rund um Schule, Kultur sowie Hobby & Freizeit
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