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Potenzreihenentwicklung einer Funktion einfach erklärt

Häufig lassen sich schwierige mathematische Formeln mit einer einfachen Herleitung besser verstehen.
Häufig lassen sich schwierige mathematische Formeln mit einer einfachen Herleitung besser verstehen.
Viele Funktionen lassen sich durch eine geeignete Umformung in eine Potenzreihe umwandeln. Doch wie funktioniert dies genau und was ist dabei zu beachten? Sie werden sehen, die Potenzreihenentwicklung ist gar nicht so schwer, wenn Sie nach einem bestimmten Schema vorgehen und sich dieses eigenständig hergeleitet haben.

Was Sie benötigen:

  • Grundlagenwissen Mathematik:
  • Ableitungen
  • Funktionen
  • Reihen
  • Fakultät

Entwicklung einer Funktion in eine Mac Laurinsche Reihe

Selbstverständlich lässt sich nicht jede beliebige Funktion in eine Potenzreihe entwickeln. Vielmehr muss eine Funktion bestimmte Kriterien erfüllen, damit dieses Verfahren überhaupt angewandt werden kann. Da so gut wie alle einfachen Funktionen, denen Sie im Alltag begegnen, diese Kriterien erfüllen, wird dieser Schritt hier einfach weggelassen. Sie werden jedoch gleich sehen, dass die betrachtete Funktion in der Umgebung der Entwicklungsstelle auf jeden Fall beliebig oft differenzierbar sein muss (notwendige Bedingung).

  1. Gehen Sie davon aus, dass sich eine beliebige Funktion f eindeutig in eine bestimmte Potenzreihe entwickeln lässt. Dann kann diese Funktion als Potenzfunktion dargestellt werden. Es gilt: f(x) = a0+a1x1+a2x2+a3x3+a4x4+...
  2. Es wird zunächst der Entwicklungspunkt x0 = 0 betrachtet. In der Umgebung um diesen Entwicklungspunkt muss die Funktion beliebig oft differenzierbar sein.
  3. Nun können Sie die Ableitungen der Funktion bestimmen. f'(x) = a1+2a2x1+3a3x2+4a4x3+..., f''(x) = 2a2+6a3x1+12a4x2+..., f'''(x) = 6a3+24a4x+..., f''''(x) = 24a4+...
  4. An der Entwicklungsstelle x0 = 0 gilt dann: f(0) = a0, f'(0) = a1, f''(0) = 2a2, f'''(0) = 6a3, f''''(0) = 24a4...
  5. Wenn Sie sich die Koeffizienten aufmerksam ansehen, wird Ihnen auffallen, dass diese sich wie die Fakultät verhalten (Es gilt (n!)n∈N = 1, 2, 6, 24, 120,... und zusätzlich gilt (0!) = 1).
  6. Beachten Sie dies bei der Entwicklung der Funktion, erhalten Sie f(0) = (0!)a0, f'(0) = (1!)a1, f''(0) = (2!)a2, f'''(0) = (3!)a3, f''''(0) = (4!)a4.
  7. Stellen Sie nun jeweils nach den Koeffizienten um, dann erhalten Sie a0 = f(0)/0!, a1 = f'(0)/1!, a2 = f''(0)/2!, a3 = f'''(0)/3!, a4 = f''''(0)/4!,...
  8. Sie sehen, die Koeffizienten an genügen dem Bildungsgesetz an = f(n)(0)/n!
  9. Ihre neuen Erkenntnisse können Sie nun in die Ausgangsfunktion f übertragen, es gilt also f(x) = f(0)/0!+[f'(0)/1!]*x1+[f''(0)/2!]x2+[f'''(0)/3!]x3+[f''''(0)/4!]x4+... = Σn=0 [f(n)(0)/n!]xn. Diese unendliche Reihe wird Mac Laurinsche Reihe genannt.
  10. Was bringt Ihnen diese Information nun? Sie müssen für eine beliebige Funktion, die sich in eine Potenzfunktion entwickeln lässt, lediglich die Ableitungen bestimmen und schon können Sie diese Funktion als unendliche Reihe darstellen.

Beispiel: Potenzreihenentwicklung von f(x) = sin(x)

Am besten verstehen Sie das obige Schema, wenn Sie es gleich in einem einfachen Beispiel anwenden. Betrachten Sie hierfür die Funktion f(x) = sin(x). Wie Sie wissen, ist diese Funktion beliebig oft differenzierbar.

  1. Bestimmen Sie zunächst die ersten vier Ableitungen. Es gilt f'(x) = cos(x), f''(x) =-sin(x), f'''(x) = -cos(x), f''''(x) = sin(x)... Ab hier wiederholt sich alles im Viererzyklus.
  2. Betrachten Sie nun die Entwicklungsstelle x0 = 0, dann ergibt sich f(0) = 0, f'(0) = 1, f''(0) = 0, f'''(0) = -1, f''''(x) = 0...
  3. Fügen Sie nun die Ableitungen in die Mac Laurinsche Reihe ein. f(x) = Σn=0 [f(n)(0)/n!]xn = 0+x1/1!+0-x3/3!+0+x5/5!+...= x1/1!-x3/3!+x5/5!+...= Σn=0 (-1)nx2n+1/(2n+1)!
  4. Sie erhalten also eine alternierende Reihe, deren Konvergenz Sie beispielsweise mit dem Leibnizkriterium nachweisen könnten. Jedes zweite Reihenglied fällt wegen sin(0) = 0 weg. Völlig analog können Sie die Potenzreihe des Kosinus bestimmen (Lösung: Σn=0 (-1)nx2n/(2n)! ).

Beispiel: Entwicklung von f(x) = ex in eine Potenzreihe

  1. Die Entwicklung von ex in eine Potenzreihe ist besonders einfach. Es gilt f(x) = f(n)(x) = ex ∀ n∈N.
  2. Gehen Sie nach dem gleichen Schema vor, dann erhalten Sie wegen f(n)(0) = e0 = 1 folgende Reihe: f(x) = 1+(1/1!)x1+(1/2!)x2+(1/3!)x3+...= Σn=0 xn/n!

Von der Mac Laurinschen Reihe zur Taylorschen Reihe

Bei der Mac Laurinschen Reihe haben Sie ausschließlich den speziellen Entwicklungspunkt x0 = 0 betrachtet. Im nächsten Schritt soll diese Einschränkung aufgehoben werden und ein beliebiger Entwicklungspunkt x = x* betrachtet werden.

  • Im Prinzip machen Sie die gleichen Überlegungen wie bei der Herleitung der Mac Laurinschen Reihe.
  • Sie erhalten die Potenzreihe f(x) = f(x*)+(f'(x*)/1!)(x-x*)1+(f''(x*)/2!)(x-x*)2+(f'''(x*)/3!(x-x*)3+...= Σn=0 [f(n)(x*)/n!](x-x*)n mit x* als Entwicklungspunkt.

Für x* = 0 geht die Taylorsche Reihe in die Mac Laurinsche Reihe über. Die Mac Laurinsche Reihe ist also ein Spezialfall der Taylorschen Reihe. In der Praxis ist die Taylorsche Reihe viel weiter verbreitet als die Mac Laurinsche Reihe, da ein beliebiges Entwicklungszentrum möglich ist. Zum besseren Verständnis und für die Herleitung ist es aber sinnvoll, zunächst die einfachere Variante der Reihe zu betrachten.

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