Alle Kategorien
Suche

Perücken im Gericht - Geschichte der englischen Justiz

Britischer Ankläger mit typischer Perücke
Britischer Ankläger mit typischer Perücke
Man kennt sie aus vielen Gerichtsfilmen - wie zum Beispiel „Zeugin der Anklage“ mit Schauspieler Charles Laughton als Richter - und aus Dokumentationen: die barock anmutenden Perücken englischer Richter und Anwälte. Seit über 300 Jahren sind die Perücken aus englischen Gerichten nicht mehr wegzudenken.

Zur Geschichte der Perücken in der englischen Justiz

  • Schon die alten Ägypter benutzten Perücken, um sich in der Gesellschaft abzugrenzen oder Haarverlust zu kaschieren.
  • Im 17. Jahrhundert kahmen die Perücken wohl auch aus hygienischen Gründen wieder in Mode, da die radikalste Art der Läusebekämpfung - die Totalrasur - mithfilfe der Perücke nicht sichtbar war.
  • Einer Überlieferung zufolge soll der englische König Karl II im Jahre 1660, als er aus dem französischen Exil nach England zurückkehrte, einige Bräuche des französischen Adels am englischen Hof eingeführt haben. Hierunter fiel auch das Tragen von Perücken.
  • Die Perücken wurden schnell zur Mode, erst beim englischen Adel, danach bei Anwälten und Richtern und gelten seitdem als Markenzeichen der britischen Justiz.
  • Mit der Expansion Englands fanden Perücken auch in Kolonien wie Indien, Kanada und Ghana Verbreitung. Mit der Erlangung der Unabhängigkeit wurden die Perücken als Zeichen der englischen Unterdrücker aber schnellstens wieder abgeschafft. 
  • In den letzten 30 Jahren wollten die Engländer mehrfach die Perücken in den Gerichten abschaffen, doch viele, vor allem Anwälte, waren dagegen. Heute darf ein Anwalt selbst entscheiden, ob er eine Perücke tragen will oder nicht.
  • An Familien- und Zivilgerichten wird immer häufiger auf die oftmals als einschüchternd empfundenen Perücken verzichtet. Beim Jugendgericht gibt es von Haus aus keine Perücken mehr, um den Jugendlichen keine Angst einzuflößen.
  • Als hauptsächliche Gründe für das Tragen gelten zum einen, dass Verurteilte die Richter aufgrund der Perücken später auf der Straße nur schwer wiedererkennen können und zweitens, dass man sich als Perückenträger vom Normalbürger abhebt und die Würde des Gerichts wiedergibt.

Wissenswertes zur englischen Gerichtsperücke

  • Die Perücken wurden anfänglich aus Ziegen- oder Menschenhaar hergestellt. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wird ausschließlich Rosshaar verwendet, welches nach dem Bleichen die typisch weiße Farbe erhält.
  • Die Haltbarkeit wird - einer jährlicher Spezialreinigung vorausgesetzt - mit 80 Jahren angegeben.
  • Die Preise des Kopfschmucks reichen von 300 bis 1.000 €.
  • Meist werden Perücken aus zweiter Hand gekauft, da diese eine gewisse Patina angesetzt haben, welche nach Ansicht ihrer Träger eine Erfahrung und Weisheit signalisiert, die Gegner auf Distanz hält.
Teilen: