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Paarreim - die Wirkung einfach erklärt

Mit dem Einsatz des Paarreims verfolgt der Dichter eine Absicht!
Mit dem Einsatz des Paarreims verfolgt der Dichter eine Absicht!
Zu den meisten Gedichten gehört ein Reim, auf jeden Fall zu den meisten klassischen Gedichten, die in der Schule behandelt werden. Jeder Reim soll im Gedicht eine besondere Wirkung ausüben, zu den bekanntesten Reimfolgen am Versende gehört der Paarreim, um dessen Wirkung es hier gehen soll.

Zuerst ist dazu ein kleiner Ausblick auf die Funktion der Versdichtung überhaupt angebracht.

Die Versdichtung hat ihre eigene Wirkung

  • Ein Reim verbindet Verse, indem er Wörter mit ähnlichem Klang einsetzt. Früher wurde der gesamte Vers als Reim bezeichnet, erst seit der vom Barockdichter Martin Opitz (1597 bis 1639) gegründeten Schlesischen Dichterschule bezeichnet der Reim nur die gleich klingenden Zeilen bzw. Wörter des Gedichts. Die frühere Bedeutung zeigt sich heute noch in Bezeichnungen wie “Kehrreim” und “Kinderreim”.
  • Viele Völker nutzten Reime für wichtige Werke ihrer Geschichte, so ist das vor der Zeitenwende entstandene chinesische Buch der Lieder in Reimform geschrieben, die gesamte germanisch verfasste Dichtung der Spätantike drückte sich in Stabreimen aus, auch der Koran ist in Reimprosa abgefasst. Ab dem 12. Jahrhundert setzte sich in allen europäischen Volkssprachen zunehmend der Reim in der Dichtung durch, diese Vorrangstellung hielt sich bis in die zweite Hälfte des letzten Jahrhunderts.
  • Dieser Siegeszug des Reims ist kein Wunder, Reime sind für das Ohr angenehm anzuhören. Sie haben meist auch den Effekt, dass der Text sehr aufmerksam aufgenommen wird, weil die Reime einen Rhythmus in den Text bringen, der den Zuhörer unwillkürlich darauf warten lässt, wie es weiter geht. Ein weiterer Effekt des gereimten Textes ist, dass der Inhalt eines solchen Textes sehr gut im Gedächtnis bleibt, und wer für andere schreibt, hat es gerne, wenn die anderen sich merken, was er geschrieben hat. Deshalb gibt es nicht nur gereimte Gedichte, sondern es werden auch Sprichwörter und Merkverse, Werbesprüche und Bauernregeln in Reimform angeboten.

Verschiedenen Reime bzw. Paarreime

  • Es gibt sehr viele verschiedene Arten von Reimen, die vom Dichter mit einer bestimmten Absicht eingesetzt werden. Der Reim strukturiert das Gedicht, er macht diese Struktur des Gedichts auch sehr gut hörbar, wenn ein Gedicht gelesen wird.
  • Reime können eine verschiedene Anzahl von Silben enthalten und verschiedene Stellungen im Vers bekommen, die ein Gedicht jeweils anders klingen lassen. Reime können nach ihrer phonologischen Struktur unterschieden werden, also danach, wie sich ihr Klang beschreiben lässt. Oder sie werden nach bestimmten Besonderheiten klassifiziert (morphologisch-lexikalische Analyse). In den Anfangszeiten der Dichtung wurde häufig der Stabreim eingesetzt, der ohne Rücksicht auf die Stellung im Vers die Wörter durch gleiche Anlaute hervorhebt, die am stärksten betont werden sollen.
  • Im bekannten “klassischen” Gedicht wird dagegen mit Reimfolgen am Versende gearbeitet (Reimschemata). Es geht darum, in welcher Reihenfolge die sich reimenden Wörter auftreten. Ein Vierzeiler wie "Reime sollen Freude machen, gut ist’s, wenn die Hörer lachen, wenn Ihr Euch sogleich erbrecht, dann war wohl der Dichter schlecht." hat z. B. das in Buchstaben ausgedrückte Reimschema aa bb (und ist damit ein Paarreim).
  • Es werden die Reimschemata Kreuzreim, umarmender Reim, Haufenreim, Schweifreim, Kettenreim, Kehrreim, Körner- und Paarreim unterschieden. Der Paarreim ist eigentlich die einfachste Form, mit dem Versende umzugehen, er folgt dem Schema aabb ccdd und so weiter.
  • Jedem Reimschema kann eine ganz bestimmte Wirkung zugeordnet werden, die ein solcher Reim am Versende häufig, aber nicht immer ausdrückt. Aber man kann schon bestimmte typische Wirkungen erkennen, die bei bestimmten Reimschemata üblicherweise zutreffen: Umarmende Reime geben dem Leser beim Lesen des Gedichts häufig eine Empfindung der Ruhe oder Geborgenheit, Kreuzreime wirken häufig recht beschwingt und dynamisch.
  • Der Paarreim hat häufig eine recht fröhliche Wirkung, Sie finden das Reimschema des Paarreims deshalb sehr oft in Volksliedern oder in Kinderreimen. Die Paarreime drücken also in der Regel etwas Kindliches, Unkompliziertes oder Naives und Ursprüngliches aus, deshalb hat z. B. Heinz Erhardt gerne in Paarreimen gedichtet.
  • Wenn von der Wirkung eines Reimes gesprochen wird, gibt es also kein Lehrbuch, in dem Sie die Wirkung genau nachschlagen können, denn die Endreime wirken über unser Gefühl und rufen auch Empfindungen im Unterbewusstsein hervor. Deshalb gibt es auch keine festgelegte Regel, die vorschreibt, wie die Wirkung eines Paarreimes zu beschreiben ist. Es gibt z. B. durchaus Menschen, die Heinz Erhardts Gedicht “Die Made” nicht als lustig, sondern als tragisch empfinden, und die Wirkung des Paarreimes in diesem Gedicht als “die Tragik noch erhöhend” beschreiben würden.

Die moderne Lyrik verzichtet sehr oft völlig auf die gefühlsmäßige Unterstützung durch die Reimform, weshalb nicht wenige Menschen Schwierigkeiten haben, diese Lyrik zu verstehen. Wenn Sie Reime analysieren möchten, müssen Sie sich aber deshalb keinen Dichter aus dem letzten oder vorletzten Jahrhundert vornehmen, Sie können auch den Text eines beliebigen Rap-Songs wählen, in der Regel wird er zumindest im Refrain aus Paarreimen bestehen.

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