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Lotka-Volterra-Regeln am Beispiel erklärt

Ein Fuchs auf der Jagd - die Lotka-Volterra Regeln erklären die Dynamik der Räuber-Beute-Beziehung.
Ein Fuchs auf der Jagd - die Lotka-Volterra Regeln erklären die Dynamik der Räuber-Beute-Beziehung.
So chaotisch das Leben in der Natur auch oftmals wirkt, es folgt bestimmten Gesetzmäßigkeiten. Die Lotka-Volterra-Regeln sind ein gutes Beispiel dafür. Sie wurden aufgestellt, um die Entwicklung der Populationsgrößen eines bestimmten Beutejägers und seines Beutetieres zu beschreiben. Allerdings sind diese Regeln nur beschränkt gültig.

Die Erfinder der Lotka-Volterra-Regeln

Unabhängig voneinander beschäftigten sich Mitte der 20er Jahre zwei Wissenschaftler unterschiedlicher Fachrichtungen mit der Dynamik der Räuber-Beute-Beziehung im Tierreich. Der österreichisch-amerikanische Chemiker und Versicherungsmathematiker Alfred J. Lotka und der italienische Mathematiker und Physiker Vito Volterra stießen dabei auf dieselben Gesetzmäßigkeiten, die sie in mathematischen Gleichungen ausformulierten. Nach ihnen sind die drei Lotka-Volterra-Regeln benannt.

Die Räuber-Beute-Beziehung am Beispiel von Fuchs und Hase

Auf den ersten Blick erscheinen die Lotka-Volterra-Regeln kompliziert. Mit einem Beispiel aus der Tierwelt lassen sie sich jedoch gut veranschaulichen.

  • Die erste Lotka-Volterra-Regel besagt, dass die Populationsgrößen (also die Gesamtheit aller Individuen einer Art an einem bestimmten Ort) von Räuber und Beutetier bei konstanten Bedingungen periodisch schwanken. Dabei folgt das Maximum an Räubern mit einer zeitlichen Verzögerung auf das Maximum an Beutetieren.
  • Nehmen Sie zum Beispiel ein Waldgebiet mit Füchsen (den Räubern) und Hasen (den Beutetieren). Hasen vermehren sich bekanntlich sehr schnell - ihre Population steigt also zu Beginn der Beobachtung rasch an. Dadurch haben die Füchse viel zu fressen und vermehren sich wegen dieses erhöhten Nahrungsangebotes ebenfalls gut. Mit steigender Zahl der Füchse verringert sich jedoch der Bestand an Hasen wieder. Dadurch geht es wiederum den Füchsen schlecht: Sie finden weniger zu fressen, sterben und vermehren sich schlecht. Somit erholt sich die Hasenpopulation wieder - und der Zyklus beginnt von Neuem. 
  • Hinzu kommt der Zeitfaktor aus dem zweiten Teil dieser Regel: Junge Füchse brauchen länger zum Heranwachsen als Hasen und gehen erst nach einiger Zeit selber auf Jagd. Die Räuberpopulation erreicht daher später ihr Maximum als die Hasenpopulation.
  • Auf diesen Erkenntnissen baut die zweite Lotka-Volterra-Regel auf. Sie lautet: Bei unveränderten Rahmenbedingungen schwankt die durchschnittliche Größe der Räuber- und Beutepopulation über einen längeren Zeitraum betrachtet um einen konstanten Mittelwert. Wenn also mehrere Jahre lang Füchse und Hasen gezählt werden, sind die Populationen im Durchschnitt jedes Jahr annähernd gleich groß.
  • Was passiert jedoch, wenn äußere Einflüsse wie beispielsweise ein Umweltgift einen Großteil der Füchse und Hasen sterben lassen? Gemäß der dritten Regel erholt sich die Beutepopulation stets schneller als die Räuberpopulation. Die Hasen haben zum einen den Vorteil, dass sie sich schneller vermehren als die Füchse. Zum anderen leiden sie nicht unter dem dezimierten Nahrungsangebot wie die Füchse.

Alles nur blanke Theorie? - Die Grenzen der Regeln

Diese Regeln gelten jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen, in der Praxis ist ihre Aussagekraft begrenzt.

  • Generell ist zu beachten, dass die Lotka-Volterra-Regeln ein theoretisches Modell aufstellen, das lediglich in isoliert betrachteten Räuber-Beute-Populationen seine Gültigkeit hat.
  • In der freien Natur sind die Beziehungen zwischen Räuber und Beute jedoch weitaus komplexer. Zumeist jagt ein Räuber nicht nur eine einzige Art von Beutetieren und hat im Gegenzug ein Beutetier mehrere Fressfeinde. So jagen Füchse auch Vögel, Mäuse und anderes Getier und fallen Hasen neben Füchsen auch Greifvögeln und anderen Räubern zum Opfer.
  • Daneben werden die Populationsgrößen unter Umständen durch weitere Faktoren beeinflusst. So könnten beispielsweise alle Füchse einer Population einer tödlichen Krankheit erliegen, die die Hasen jedoch nicht trifft - oder andersherum. Die Lotka-Volterra-Regeln stimmen dann nicht mehr.

Dennoch sind die Regeln in der praktischen Ökologie von Wert, weil sie zumindest brauchbare Abschätzungen in der Entwicklung von Populationsgrößen liefern.

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