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Karikatur beschreiben und interpretieren - so gelingt's

Erster Schritt jeder Karikaturinterpretation ist die genaue Beschreibung des Dargestellten.
Erster Schritt jeder Karikaturinterpretation ist die genaue Beschreibung des Dargestellten.
Kaum eine Kunst transportiert so viel Ausdruck wie die Karikaturzeichnung. Von lustigen Momentaufnahmen bekannter Persönlichkeiten greift die Karikatur über gesellschaftskritische Aspekte bis hin zu Kriegen und politisch höchst brisanten Streitfragen alles auf, sodass der Beruf des Karikaturisten auch in unserer Zeit ein eher riskantes Betätigungsgebiet zu sein scheint. Umso wichtiger ist es, die Aussage einer Karikatur auch deuten zu können und die Mühen des Künstlers so lohnenswert zu machen. Was aber müssen Sie als Betrachter beachten, um eine Karikatur richtig zu beschreiben und zu interpretieren?

Bestandsaufnahme - was Sie auf der Karikatur sehen

  • Bevor Sie sich also Gedanken über die Aussage einer Karikatur machen, müssen Sie sich rein objektiv mit dem Dargestellten beschäftigen. Beschreiben Sie genau, was Sie sehen, ohne dem Gesehenen eine bestimmte Wertung zuzuordnen. Halten Sie fest, wie die dargestellten Personen aussehen, was sie tragen und welche Merkmale besonders hervorgehoben scheinen. Beschreiben Sie mögliche Farbkombinationen und Hell-Dunkel-Bereiche.
  • Wenn Sie die oberflächlichen Aspekte des Dargestellten behandelt haben, können Sie zu einer tiefer greifenden Bestandsaufnahme übergehen. Dabei beschäftigen Sie sich in erster Linie mit der Komposition der Karikatur. Versuchen Sie, tragende Linien zu erkennen und überlegen Sie, wo diese sich treffen, ob sie zu einer geometrischen Figur kombiniert werden können und welchen Bildbereich sie in den Mittelpunkt rücken. Auch wiederkehrende Linienverläufe und die Frage nach dem Aufwand der Darstellungsart dürfen miteinbezogen werden.
  • Als Zwischenschritt zur letztendlichen Deutung analysieren Sie kurz den Text, der einer Karikatur meist zugeordnet ist. Gehen Sie dabei vor allem darauf ein, auf welche Zeit er sich bezieht und benennen Sie, wenn durch den Text objektiv möglich, die dargestellte Situation bzw. Person.

Beschreiben und Interpretieren

  • Anders als im ersten Schritt gehen Sie in der Interpretation der Karikatur subjektiv auf das Gesehene ein. Stellen Sie Zusammenhänge zwischen Bildtext und dargestellter Situation her, die nicht sofort ersichtlich sind. Verbinden Sie die Machart des Bildes mit einer tiefer greifenden Bedeutung zur Autorintention und versuchen Sie, der Komposition einen Wert in der Gesamtheit des Werkes zu geben. Stellen Sie Annahmen über unerkannte Personen auf und begründen Sie diese mit feineren Zusammenhängen des Werkes und schließen Sie von Kleidung und Situation auf Berufe oder sogar größere Zusammenhänge wie Länder und Nationen.
  • Wenn Sie jedem gesehenen Aspekt eine Bedeutung zugeteilt haben und diese in einen Gesamtzusammenhang der Intention einbetten konnten, sollten Sie sich einige allgemeine Fragen stellen. Legen Sie fest, welche Zielgruppe der Künstler ansprechen will und was genau er damit durch seine Zeichnung zu bewirken versucht. Versuchen Sie herauszufinden, welche Bereiche des Dargestellten umstritten sein könnten und gehen Sie näher auf Symbole ein, die das Bild beinhaltet, sodass Hintergründe aufgedeckt werden. Auch Ihre subjektive Meinung, ob der Künstler seine Ziele erreichen kann, darf in die Interpretation einfließen.
  • Noch bevor Sie einen Gesamtzusammenhang suchen, sollten Sie sich darüber im Klaren sein, dass politisches Hintergrundwissen und eine Grundbildung über aktuelle politische Themen meist der Schlüssel zu einer Karikaturinterpretation sind. Viele Zeichnungen können ohne das nötige Vorwissen unmöglich gedeutet werden - beschrieben jedoch schon. Wenn Ihnen der Hintergrund also fehlt, sollten Sie sich besonders auf den ersten Schritt konzentrieren und nicht zu viel Zeit mit dem Deuten verbringen.

Die Karikatur einordnen

  • Das Einordnen einer Karikatur ist der wohl bedeutendste, jedoch auch heikelste Schritt in der Analyse. Inhaltlich und formal wird dabei zwischen verschiedenen Gruppen der Karikatur unterschieden. Erst wenn Sie einen schlüssigen Gesamtzusammenhang hergestellt haben, können Sie abschließend einordnen und so beweisen, dass Sie das Dargestellte tatsächlich verstanden haben.
  • Formal unterscheidet man zwischen der Sachkarikatur, in der der Fokus auf einem Gegenstand zur Repräsentation von politisch personalem Handeln einer Person liegt und der personalen Individualkarikatur, wo ein besonderes Merkmal eines Menschen extrem hervorgehoben wird. Die dritte Gruppe macht die Typenkarikatur aus, die ganze Völker, Vereine oder soziale Gruppen durch einen typischen Repräsentanten widerspiegelt.
  • Inhaltlich wird schließlich zwischen Zustands-, Prozess- und Ereigniskarikatur unterschieden, wobei die vierte Gruppe der spontanen Momentaufnahme sich durch ihre satirische und eher einfach zu verstehende, lustige Darstellungsweise klar von den anderen abgrenzt. Die Zustandskarikatur schließlich bezieht sich auf eine kritikwürdige gesellschaftliche Situation, die über eine längeren Zeitraum andauert und eher schwer veränderlich ist, während die Ereigniskarikatur ein punktuelles und aktuelles politisches Geschehen wie Wahlen auf die Schippe nimmt. Die Prozesskarikatur ist von den anderen zumeist durch ihre oft dreigeteilte Darstellung in war, ist und wird zu unterscheiden, weil sie immer auf einen gesellschaftlichen Wandel Bezug nimmt.

Generell gehört zu einer einwandfreien Einordnung der Karikatur auch die Zuordnung eines Künstlers, aber machen Sie sich keine Sorgen - das schaffen wirklich nur Fans des Genres, die sich über Jahre in der Karikaturdeutung geübt haben. Und, wer weiß, vielleicht entwickeln auch Sie durch das richtige Vorgehen in der Karikaturinterpretation eine Vorliebe für die Karikatur, sodass Sie irgendwann zu einer abschließenden Spekulation über den Zeichner in der Lage sein werden.

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