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Flaschenhalseffekt - Erklärung

Das Przewalski-Pferd ist wiederholt durch einen genetischen Flaschenhals gegangen.
Das Przewalski-Pferd ist wiederholt durch einen genetischen Flaschenhals gegangen.
Der Kalifornische Kondor leidet ebenso darunter wie das Przewalski-Pferd, die einzige noch lebende Wildpferdart – die genetische Vielfalt dieser Tierarten ist drastisch reduziert. Der biologische Fachausdruck dafür lautet „Flaschenhalseffekt“. Ihm kommt in der Evolution der Lebewesen eine wesentliche Rolle zu.

Die genetische Verarmung - Flaschenhalseffekt und Gründereffekt

Der Flaschenhalseffekt spielt in der Populationsgenetik eine entscheidende Rolle. Er ähnelt dem Gründereffekt, kommt aber auf andere Weise zustande.

  • Unter einem Flaschenhalseffekt, der auch unter der Bezeichnung „genetischer Flaschenhals“ bekannt ist, versteht man in der Biologie die drastische genetische Verarmung einer Tierart.
  • Dieser Effekt tritt bei einer zufälligen, aber verheerenden Veränderung in der Umwelt ein wie zum Beispiel einer Dürre, einem Vulkanausbruch oder eine Seuche.
  • Wenn dadurch ein Großteil der Tiere einer bestimmten Art stirbt, wird zwangsläufig auch die genetische Vielfalt dieser Tierart drastisch reduziert. Denn die überlebenden Tiere dieser Art vermehren sich zwar wieder. Allerdings sind sich die folgenden Generationen genetisch sehr ähnlich, da sie ja allesamt von einigen wenigen Tieren abstammen - der sogenannte Genpool (also die Gesamtheit aller vorhandenen Ausprägungen eines Gens) verarmt.
  • Sie können sich das so vorstellen: Im Bauch der Flasche war ursprünglich eine riesige Menge an unterschiedlichen Genen bzw. Allelen, also den möglichen Varianten eines Gens, vorhanden. Fällt diese Flasche nun durch einen äußeren Einfluss (die Umweltveränderung) um, so kann durch den engen Flaschenhals nur ein geringer Anteil dieser ursprünglichen Gene nach außen in die Umwelt gelangen. Der Rest verbleibt in der Flasche.
  • Der Flaschenhalseffekt darf nicht mit einer anderen genetischen Verarmung verwechselt werden: dem sogenannten Gründereffekt. Dieser kommt dadurch zustande, dass ein Teil einer Population von der Stammpopulation getrennt wird - etwa indem einige Tiere durch einen Wirbelsturm auf einem Baumstamm vom Festland auf eine Insel getrieben werden. Dort gründen die Tiere durch Vermehrung eine neue Population, die genetisch verarmt ist. Die große Stammpopulation auf dem Festland bleibt dabei anders als beim Flaschenhalseffekt in ihrer genetischen Vielfalt erhalten.

Der Flaschenhalseffekt kann dazu führen, dass eine Tierart geringere Überlebenschancen hat, weil sie zum Beispiel durch fortgesetzte Inzucht anfälliger für Erbkrankheiten oder steril wird. Viele Tierarten sind dadurch vom Aussterben bedroht oder bereits ausgestorben. Andererseits setzt man in der Haustierzucht oftmals gezielt auf eine genetische Verarmung.

Beispiele für den genetischen Flaschenhals

Ob in der freien Wildbahn, im Zoo oder bei Ihrem Haustier - eine genetische Verarmung tritt in der Tierwelt häufig auf.

  • Viele Wildtierarten sind über die Jahrhunderte immer wieder durch genetische Flaschenhälse gegangen. Dazu gehören der Kalifornische Kondor, der Alpensteinbock und das Przewalski-Pferd, die einzige Wildpferdart, die bis heute überlebt hat. Werden diese Tiere in zoologischen Gärten gehalten, so versucht man, die genetische Vielfalt durch den aufwendigen Austausch mit Tieren aus anderen Zoos wieder zu erhöhen. Noch wichtiger ist es jedoch, diese Tierarten auszuwildern - mit dem Alpensteinbock hat man hier gute Erfahrungen gemacht.
  • Auch viele Haustiere wie etwa Rassehunde und Rassekatzen stammen oftmals nur von einigen wenigen Individuen ab. Die Rassemerkmale haben sich über die Jahrhunderte durch gezielte Inzucht besonders gut ausgeprägt; allerdings treten dadurch auch an sich seltene Erbkrankheiten bei bestimmten Rassen sehr häufig auf. Zum Beispiel wird die Dackellähmung auf einen solchen Flaschenhalseffekt zurückgeführt.

Biologen gehen davon aus, dass für den Fortbestand einer Tierart mindestens 500 Exemplare nötig sind. Andernfalls wird der genetische Flaschenhals zu eng und die Tierart stirbt langfristig aus.

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